Durchs Todestal
Von Las Vegas nach Los Angeles / Aus der Wüste ans Meer / Mit BMW auf Roadtrip zu einem Hitzepol der Erde
Von Günther Koch/Life-Magazin
Lieber draußen und am Leben bleiben: Warnung vor einer verlassenen Mine im Death Valley. Fotos: Koch
Las Vegas/Los Angeles – Es dauert gar nicht so lange, all den künstlichen Glitzer und Glamour der Spielerstadt Las Vegas in der Wüste von Nevada hinter sich zu lassen – und westlich auf einem je nach Strecke bis zu 500 Kilometer langen Weg nach Marina del Rey bei Los Angeles in Kalifornien durch eine andere Welt zu fahren. Durchs Tal des Todes! Death Valley!
Noch in Las Vegas, hier die Sphinx vor dem Luxor-Hotel am Strip. Schon draußen: Auf dem Weg Richtung Tal des Todes.
Auf langer Tour
Es ist Mitte März. BMW stellt im Rahmen eines vierwöchigen Roadtrips den vor allem für Märkte wie die USA oder China vorgesehenen Groß-SUV X7 vor. Zehn verschiedene Orte: Spartanburg, Savannah, Orlando, Tallahassee, Houston, San Antonio, El Paso, Phoenix, Las Vegas, Los Angeles. Sieben verschiedene Bundesstaaten: South Carolina, Georgia, Florida, Texas, Arizona, Nevada, Kalifornien. Und das über Tausende von Kilometern.
Pahrump mutet wie eine modernisierte Western-Stadt (vielleicht sogar mit Revolverheld hinter der Scheibe?) an.
Über den Pahrump Highway
Wir klinken uns in die Schlussetappe ein, eben in die von der Wüste ans Meer, von Las Vegas in Richtung Los Angeles. Auf dem Pahrump Highway geht es erst durch den Red Rock Canyon Nationalpark, später an weiteren Naturschutzgebieten vorbei. Nördlich militärische Sperrzonen, denen man lieber nicht zu nahe kommen sollte! Eine Area neben der anderen, alle mit Nummern versehen, darunter die für Kernwaffen-Tests. Auch Täler gibt es eine ganze Menge links und rechts vom Highway. Sie tragen Namen wie Bird Spring, Stewart oder Greenwater Valley. Doch kaum eines davon dürfte schon vom bloßen Namen her diese Anziehungskraft haben wie das, in dem diese Erzählung spielt:
Letzter Stopp vor dem Todestal. Auch große BMW-X7 sollten hier sicherheitshalber nur 45 Meilen pro Stunde fahren.
Wochenlang gab es keinen Ausweg
1849. Ein in zwei Gruppen aufgeteilter Treck mit etwa 100 Wagen sucht eine Abkürzung auf dem Old Spanish Trail, der historischen Handelsroute, die Santa Fé im nördlichen New Mexiko über Utah und Nevada einst mit Los Angeles verbunden hat. Die gesamte Strecke ist etwa 2000 Kilometer lang, führt durch Wüsten, Gebirge und tiefe Canyons. Die Gruppen geraten dabei in ein Tal, aus dem sie wochenlang keinen Ausweg finden, sind bereits gezwungen, mehrere ihrer Ochsen zu verspeisen, wobei sie das Holz der Wagen als Brennholz verwenden; die restlichen Wagen bleiben zurück. Über den Wingate Pass ist es schließlich möglich, das Tal zu verlassen. Dabei soll sich eine Frau aus dem Treck umgedreht und dem Tal „Goodbye, Death Valley“ hinterher gerufen haben, obwohl es heißt, niemand aus der Gruppe sei bei der Taldurchquerung ums Leben gekommen – bis auf einen schon beim Betreten des Tals angeblich sterbensmatten Greis.
Bei Death Valley Junction gibt es tatsächlich ein Opera House. Das Tal des Todes gleicht teilweise einer Mondlandschaft.
Letzter Stopp für Snacks und Getränke
Pahrump, abgeleitet vom indianischen Pah-Rimpi-Rimpi für „Wasserfelsen“, ist eine Kleinstadt an der Grenze zwischen Nevada und Kalifornien. Die ersten Siedler in der Gegend sind Shoshonen. Die Rancher danach bauen Luzerne und Baumwolle an, halten Vieh. Heute scheint der Ort zumindest den Schildern nach bekannt vor allem für Casinos wie das Nugget, für legale Prostitution und Bordelle zu sein. Der Highway, so steht es am Straßenrand, ist den Veteranen der Vereinigten Staaten gewidmet. Kurz danach schon die Abbiegung zum Ash Meadows Wildlife Refuge – und ins Death Valley. Im Hintergrund die Funeral Mountains. „Das passt“, findet der Kollege, der mit uns fährt. Funeral heißt immerhin Beerdigung. Eine Tankstelle noch und ein Supermarkt. Letzter Stopp vorm Todestal. Wer sich nicht ganz sicher ist, deckt sich lieber schnell noch mit Sprit, Snacks, Eis und Getränken ein.
Auf diesem Weg geht es mit dem Auto nicht mehr weiter. Furnace Creek ist eine kleine Siedlung im Death Valley.
Sogar ein Opera House in der Halbwüste
Death Valley Junction ist eine kleine Siedlung mit zuletzt dauerhaft angeblich weniger als 20 Bewohnern. Der etwas verfallen wirkende Ort liegt jedoch an der Kreuzung zweier wichtiger Straßen, der California State Route 190 und der California State Route 127. Armagosa Valley mit einigen verstreut liegenden stabilen Häusern, einer Handvoll mobiler Trailer Homes, einem Campingplatz, dazu einer Tankstelle und einem Restaurant heißt die in der Halbwüste nur noch durch eine Bergkette vom Todestal getrennte, immerhin rund 1500 Einwohner zählende Gemarkung, die sogar ein Opera House zu bieten hat, in dem sich der Vorhang statt für Opern aber meist nur für irgendwelche anderen Shows hebt.
Diese Salzpfanne ist aus einem längst ausgetrockneten See entstanden. Mittagsstopp im The Inn at Death Valley ...
Furnace Creek sogar mit mediterranem Flair
Noch befinden wir uns auf einer Höhe von über 600 Metern. Aber das ändert sich bald. Die Gegend wird unwirtlicher. Kaum Menschen. Selten Autos. Endlos lange Straßen, bisweilen Kilometer um Kilometer nur geradeaus. Eine nicht selten aus Kakteen bestehende Vegetation, die immer spärlicher wird. Geröll. Bizarre, von Wind und Wetter geschliffene Felsen, die einer Mondlandschaft gleichen. Wir erreichen die Mojave-Wüste, in der das Tal des Todes liegt. Der trockenste Nationalpark in den USA, südöstlich der Sierra Nevada gelegen. Nach 30 Kilometern erreichen wir Furnace Creek, zuletzt offiziell 24 Einwohner. Lunch im Death Valley Inn. Natürlich mit Burger, Pommes, Ketchup und Getränken voller Eis – unter Palmen in mediterrane Architektur in einem unter anderem von der Bergkette der Panamint Range mit dem 3366 Meter hohen Telescope Peak gesäumten Tal, dessen tiefster Punkt – damit auch der der USA – am Badwater Basin mit 85,5 Metern unter dem Meeresspiegel angegeben wird, wo ein ausgetrockneter, ehemals bis zu 200 Meter tiefer See eine flache Salzpfanne hat entstehen lassen.
... sogar mit mediterraner Architektur und Vegetation sowie, natürlich, mit Burger mit Pommes und Ketchup dabei.
Von Dante’s View bis zum Zabriskie Point
Vom wohl berühmtesten Aussichtspunkt Dante’s View ist der zentrale Teil des Tals aus fast 1670 Metern gut überschaubar. Der Farbenreichtum der Gesteinsformationen Artist‘s Palette von Rot bis Dunkelrot, von Türkis bis Grün entsteht durch Oxidation von Metallen wie Eisen und Kupfer. Devil’s Golf Course, Golfplatz des Teufels, nennen sich zerklüftete, spitze Salzstrukturen im Tal, in dem sich verstreut auch noch viele alte, verlassene Minen befinden. Leadfield ist eine um 1920 gegründete Geisterstadt nahe des Titus Canyons. Die vier Quadratkilometer große Sanddüne Mesquite hat schon oft als Wüstenkulisse für Filme gedient, etwa für Star Wars. Wandernde Felsen hinterlassen an der Racetrack Playa nachweisbare Spuren von Bewegung über ein fast das ganze Jahr über ausgetrocknetes Seebett. Der Zabriskie Point ist für seine ungewöhnlichen Erosionslandschaften bekannt. Barker Ranch schließlich soll das letzte Versteck der Sekte von Charles Manson gewesen sein, nachdem diese brutal in Los Angeles gemordet hatte, darunter die hochschwangere Schauspielerin Sharon Tate, damals Ehefrau von Regisseur Roman Polanski.
Das Todestal blüht. Und die Death-Valley-Saga ist selbstverständlich auch schon längst verfilmt worden.
Hoch bis fast 57, runter nachts bis fast 42 Grad
Bis an die kalifornische Küste im Westen der USA ist es eigentlich jetzt gar nicht mehr so weit. Trotzdem stellt das Tal des Todes eine der trockensten Gegenden der Erde dar. Was auch damit zu tun hat, dass sich feuchte Winde vom Pazifik an mehreren Bergrücken abregnen, ehe sie – dann nur noch mit wenig Niederschlägen – überhaupt über das Gebiet ziehen können. Kein Wunder, dass Death Valley zugleich eine der heißesten Gegenden Amerikas ist. So etwas wie ein Hitzepol! Am 10. Juli 1913 sollen vom nationalen Wetterservice beim heutigen Furnace Creek 56,7 Grad gemessen worden sein, am 12. Juli 2012 die wärmste nächtliche Tiefsttemperatur mit 41,7 Grad, ein Wert, bis dahin vorher nur einmal erreicht, nämlich im 27. Juni 2012 am Flughafen Khasab im Oman. Nur aller paar Jahre, zuletzt 2016, regnet es den Aufzeichnungen zufolge mehr als gewöhnlich. „Dann“, sagt die Bedienung im Death Valley Inn, „kann es durchaus sein, dass das Tal sogar zum Blütenmeer wird.“ Zumindest für kurze Zeit.
Die Straßen können schnurgerade und endlos lang sein. Das rechts ist keine Panne, sondern nur die Streckenkontrolle.
Info Death Valley
Bei dem Tal handelt es sich um einen zu Kalifornien und Nevada gehörenden Nationalpark, seit 2011 auch Lichtschutzgebiet, fast 13 630 Quadratkilometer groß, trocken, heiß, aber auch reich an Bodenschätzen wie Gold und Silber. Zu den wenigen ständigen Bewohnern im Tal gehören bei Furnace Creek Timbisha-Shoshone-Indianer. Fauna und Flora setzen sich etwa aus Kojote, Kitfuchs, Rotluchs, Puma, Maultierhirsch, Dickhornschaf, Schlangen und Vögeln wie dem Rennkuckuck, bekannt als Roadrunner, sowie aus kargem Strauchwerk, Palmlilien, Kiefern und Kakteen zusammen. Wir waren bei dieser Reise untergebracht in Las Vegas im Four Seasons (fünf Sterne, 424 Zimmer/Suiten, Teil des Mandalay Bay direkt am legendären Strip, www.fourseasons.com/lasvegas) sowie in Marina del Rey bei Los Angeles im Ritz Carlton (fünf Sterne, 327 Zimmer/Suiten, direkt an einem künstlich angelegten Hafen, www.ritzcarlton.com/de/hotels/california/marina-del-rey). Wer nur einen Tag im Death Valley unterwegs ist, für den sollten genügend eigene Getränke und ein Lunchpaket reichen. Im Death Valley Inn/Furnace Creek Inn sind neben Übernachtung auch Frühstück, Lunch und Dinner zu haben. Internet-Information: www.visittheusa.de/destination/death-valley-nationalpark.
Auf der Route South 395 geht es weiter in Richtung kalifornischer Küste zum Ziel in Marina del Rey bei Los Angeles.
Service Auto
Die Verkehrsregeln sind in jedem Bundesstaat der USA unterschiedlich. Nevada erlaubt in Orten in der Regel 25 bis 30 Meilen pro Stunde, umgerechnet gut 40 bis knapp 50 Stundenkilometer, auf den Interstates meist 55 bis 65, umgerechnet gut 80 bis knapp über 100. Die Promillegrenze liegt bei 0,8. In Orten und was den Alkohol betrifft, ist es in Kalifornien ähnlich, für die Interstates werden bis zu 75 Meilen pro Stunde angegeben, umgerechnet rund 120 Stundenkilometer. Die je nach Abstecher rund 250 Kilometer von Las Vegas ins Death Valley schafft man in etwa zwei Stunden, indem man durch Pharump und an der Death-Valley-Kreuzung weiter der Route 190 folgt. Für die mögliche noch längere Weiterfahrt nach Los Angeles über die Route 395 sollte man mindestens das Doppelte einplanen. Im Death Valley selbst ist die Infrastruktur gut ausgebaut. Wer dort unterwegs ist, sollte so oft wie möglich tanken, etwa in Furnace Creek, den Stovepipe Wells oder den Panamint Springs. Die Reise von Las Vegas durchs Death Valley nach Marina del Rey fand im BMW X7 statt, der aktuell zu Einstiegspreisen ab 87 800 Euro als Benziner mit 340 und 530 sowie als Diesel mit 265 und 400 PS zu haben ist.
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KoCom/Fotos: Günther Koch
17. Januar 2020