Auf der Zugvogel-Route
Dänemark I: In der Wattenmeer-Region bei Hoyer in Sonderjylland / Unterwegs in der Marsch
Von Kurt Sohnemann/Life-Magazin
Nonnengänse nutzen die Feuchtgebiete bei Hoyer gern als Rastgebiet auf ihrem Zug. Fotos: Sohnemann
Hoyer – Auf der Suche nach wärmeren oder kälteren Gebieten sind nicht nur Vögel einen ansehnlichen Teil des Jahres unterwegs. Auch Touristen stehen ihnen da nicht viel nach. Wer dann auch noch beide Gattungen erleben will, sollte sich ins südliche Dänemark an die deutsch-dänische Grenze begeben. Die Region am Wattenmeer um Hoyer ist unter Zugvögeln offensichtlich ein Drehkreuz, um Stecke zu machen. So kommen die zweibeinigen und fluguntauglichen Gäste regelmäßig in den Genuss, die frische Seeluft in Kombination mit sehenswerten Vogelschwärmen zu genießen.
Westlich von Tondern
Zwar ist die Region um den kleinen Ort Hoyer westlich von Tondern durch die „schwarze Sonne“ bekannt, wenn sich Millionen Stare treffen, um in andere Gegenden zu ziehen, und in den Gräben Hunderte mit Ferngläsern das Treiben verfolgen. Aber auch ohne dieses Schauspiel ist ein Ornithologe dort stets gut aufgehoben.
Vornehmlich die Schleuse
Wer nach Hoyer kommt und nach Sehenswürdigkeiten sucht, wird vornehmlich zur Schleuse geführt. Dieses Bauwerk, einst zum Schutz des kleinen Hafens gebaut, hat nach wie vor eine nicht unerhebliche Bedeutung für den Ort, denn es reguliert die Wassermengen, die durch die Tiden, also durch Ebbe und Flut, in unterschiedlichen Höhen anfallen. 1859 ist mit dem Bau der ersten Schleuse begonnen worden, die man mit dem neuen Deich in den 1980er-Jahren völlig erneuert und modernisiert hat. Einst sind aus dem Hafen des kleinen Ortes Fähren nach Sylt gefahren, was mit der neuen Hochwasser-Schutzanlage aber nunmehr längst Vergangenheit ist.
Hans Tonnesen ist Naturschutzbeauftragter. Vögel und Schafe auf den Salzwiesen in der Marsch bei Hoyer.
Landschaft ist Weltnaturerbe
Dass Teile dieser Weltnaturerbe-Landschaft zum Nationalpark ausgerufen worden ist, hat offensichtlich die fliegenden Zeitgenossen besonders gefreut. „Wir haben hier jetzt Vögel in einer Anzahl, die schon erstaunlich ist“, strahlt Hans Tonnesen, als Naturschutzbeauftragter der Kommune Tondern häufig mit Schulklassen und anderen Interessierten im Marschland unterwegs. Das Gebäude vor der Schleuse soll künftig ein Standort für die Vermittlung des Wissens sein, das nicht zuletzt Hans Tonnesen über die Region zwischen den Orten und der Nordsee angehäuft hat.
Durch wasserträchtiges Land
Einen optimalen Einblick in die Welt der Austernfischer, der kleinen Brachvögel, unterschiedlichen Möven und auch Seeadler erhalten Besucher der Region über den Marschpfad, der sich über 54 Kilometer als Wanderweg durch das wasserträchtige Land nördlich der deutsch-dänischen Grenze zieht. Immer wieder zieren Höckerschwäne, Silberreiher und kleinere Vögel wie Kiebitzen die Priele. Den zuletzt errichteten dänischen Wildschwein-Schutzzaun nutzen die Vögel übrigens gern als Sitzplatz mit Blick über die Landschaft. „Muss ja auch sein Gutes haben“, urteilt ein Einwohner von Hoyer etwas kritisch angesichts der Geldausgabe seines Königreiches.
Von Römö aus zu den Austern
Wer sich mitten in die einzigartige Natur einnisten will, ist dafür in Hoyer optimal aufgehoben, weil hier die Wege zentral zusammenlaufen. Zudem ist der Weg ins Watt von Römö aus zum Austernsammeln nah dabei. Um die steigende Anzahl von Wanderer unterbringen zu können, hat Kaare Holler Jessen das ehemalige Bahnhofshotel in Hoyer gekauft, baut es nach und nach als zeitgemäßes Hotel weiter aus, bietet allerdings ausschließlich Übernachtungen mit Frühstück an. Wer sich kulinarisch verwöhnen lassen will, sollte sich im Restaurant Ae Kalgo anmelden, das Per Nielsen 2017 eröffnet hat. Es gibt von Donnerstag bis Sonntag pro Abend nur ein Menü in mehreren Gängen.
Recht zeit- und zutatenaufwändig
Die 35 Plätze sind immer schnell ausgebucht. „Meine Gerichte sind in der Herstellung recht zeit- und zutatenaufwändig, deshalb habe ich keine Speisekarte“, freut sich der einfallsreiche Däne trotzdem über den großen Zuspruch, verweist auf den Kräutergarten am Haus. Lediglich ein Gericht sei bislang nicht so gut gelaufen. Der Name: „Schwarzsauer“.
Info Hoyer
Der dänische Küstenflecken, einst eine Kommune im Südwesten des dänischen Amts Sonderjylland in Nordschleswig, 1970 durch den Zusammenschluss verschiedener Gemeinden entstanden und 2007 komplett in der neuen Kommune Tonder aufgegangen, liegt nur sieben Kilometer von der Provinzhauptstadt Tonder entfernt, wird von dort amtlich vertreten. Tonder stellt auch das Personal für den Schutz des Naturparks ab und sorgt dafür, dass die Regeln eingehalten werden, die die Wattregion für ihre natürliche Entwicklung braucht. Hoyer hat knapp 1200 Einwohner, bietet neben der sehenswerten Tuffsteinkirche auch zahlreiche Wander- und Radwege. 1920 konnten die Einwohner entscheiden, ob sie zu Deutschland oder Dänemark gehören wollten. Trotz Mehrheit im Ort selbst ist die Fleckengemeinde Dänemark zugeordnet worden, weil die Mehrheit in der Provinz für das Königreich gestimmt hat. Information: Information: Dänisches Fremdenverkehrsamt, Glockengießerwall 2, 20095 Hamburg, Telefon 01805-326463, www.visitdenmark.com. Sonderjylland: www.visitsonderjylland.de. Hotel Marsk: https://marskhotellet.dk. Restaurant Ae Kalgo: www.facebook.com/KalgoDaler.
Service Auto
Hoyer ist am besten mit dem Auto über die Autobahn 7 Richtung Flensburg zu erreichen. Nach dem Übergang an der deutsch-dänischen Grenze, der mit Wartezeit verbunden sein kann, führt der Weg über die Abfahrt Tonder in Richtung der gleichnamigen Stadt, die durchquert werden muss, um nach Hoyer zu gelangen, das direkt in Küstennähe einen optimalen Ausgangspunkt für Marschwanderungen und Vogelbeobachtungen darstellt. Noch mehr Landschaft können Besucher genießen, wenn sie in Hamburg die Autobahn 23 in Richtung Heide fahren. Nach Ende der Autobahn gelangt man über Niebüll und den kleinen Ort Rosenkranz zur dänischen Grenze, wo in diesem Fall niemand lange warten muss und Kontrollen auch nur sporadisch ausfallen.
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KoCom/Fotos: Kurt Sohnemann
2. Januar 2020