Donnerstag, 28. März 2024

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Gute Reise!

"Eine Dame lebt in Venedig, / die ist mit achtzig noch ledig. / Sie beklagt sich nicht, / sie lächelt und spricht: / „Vielleicht war das Schicksal mir gnädig.“

Die Limericks, die Sie an dieser Stelle immer lesen, stammen alle von Ole Haldrup. Sein „Buch der Limericks“ (2003), dazu „Lirum, Larum, Limerick“ (2004) und „Das Geheimnis der fünften Zeile" (2007) sind zu beziehen über: Nereus-Verlag, Susanne Happle, Johann-von-Werth-Straße 6, 79100 Freiburg, Telefon 0761-403802, nereus-verlag @gmx.de. (gk)

Ab ins Kloster!

Deutschland ist schön: In Waldeck-Frankenberg (IV) / Kirche, Kreuzgang und Klausur in Haina

Von Günther Koch/Life-Magazin

Im ehemaligen Kloster Haina ist heute ein Zentrum für Sozialpsychiatrie untergebracht. Fotos: Koch

Haina – Wir ziehen uns zurück. In die Stille des Klosters. Christiane Kohl vom Landhaus Bärenmühle in Ellershausen bei Frankenau hat es uns empfohlen, hat gesagt, dass der Landkreis Waldeck-Frankenberg „nicht nur aus dem Edersee“ besteht, sondern auch noch über „andere, stille Schätze“ verfügt, darunter eben Kloster Haina. Ein „verstecktes Kleinod“ im nordhessischen Teil der Heimat der Märchensammler und Sprachforscher Brüder Grimm zwischen Frankenberg und Bad Wildungen. Ein Ort, an dem man in der Tat gut in die Geistes- und Erfahrungswelt des Mittelalters eintauchen kann.

Die Klosterkirche der bedeutenden gotischen Anlage steht im Mittelpunkt.

Frühe Gotik

Es sind die frühgotische Kirche, der Kreuzgang, die Klausurgebäude, die uns umgeben und einen Eindruck davon vermitteln, wie tief das Leben der Menschen damals von religiöser Sinngebung durchdrungen gewesen ist. Die, die sich damit auskennen, schätzen die „seltene Klarheit“, mit der sich der „Übergang von der Stilepoche der Romanik zur Gotik und die gotische Mystik des Lichts“ offenbaren. „300 Jahre lang war Haina eines der wichtigsten und reichsten Klöster Hessens“, steht in der Informationsbroschüre, die uns die Frau am Eingang der Klosterkirche mitgegeben hat, „bis es in der Reformation an sein Ende kam und in ein Hospital umgewandelt wurde“.

Der Philippstein mit Inschrift erinnert an die Zeit von Reformation und Klosterauflösung.

Von der Gründung ...

Über die ehemalige Zisterzienser-Abtei, in der sich heute ein Zentrum für Sozialpsychiatrie befindet, ist unter anderem nachzulesen: In 1215 legen Mönche den Grundstein für die Kirche in Haina, nachdem das eigentliche Kloster zuvor schon 1188 auf der nahen Aulesburg gegründet, dann aber ins besser geeignete Tal der Wohra verlegt worden ist. Für ihr Umland stellt die Abtei demnach damals „nicht nur ein geistiges und kulturelles Zentrum“ dar, „sondern auch einen Motor für die Entwicklung der Land-, Forst- und Teichwirtschaft“. Die strengen Ordensregeln hätten die Mönche zum Schweigen und Verzicht auf allen Prunk verpflichtet, wovon auch relativ karge Kirchenausstattung und dezente Farbgebung zeugen.

Kirchenfenster im Gotteshaus des Klosters. Für Mönche des Ordens galten strenge Regeln.

... über die Reformation, ...

Was folgt, ist die „Wucht der Reformation“: Landgraf Philipp, der Großmütige, einer der wichtigsten Führer der Protestanten in jener Zeit, löst 1527 alle Klöster in Hessen auf, bringt Haina 1533 in eine Stiftung ein. Ein Hospital für arme und kranke Männer vom Land entsteht. Die Einkünfte der Wirtschaftsbetriebe werden für die Bedürftigen und die neu gegründete Universität in Marburg verwendet, woran der Philippstein in der Klosterkirche erinnert. Auf ihm ist der Landgraf mit seiner Ahnin, der heiligen Elisabeth von Marburg, und einem „bösen Vogel“ zu sehen, „der im Geiste Martin Luthers das verdorbene Mönchtum symbolisiert“. Die Bildsprache wirkt drastisch, feiert Philipp als Wohltäter, „nachdem er wegen einer heimlichen Zweitehe schwer unter Druck geraten war“.

In der Tischbein-Ausstellung. Porträtbüste des älteren Johann Heinrich Tischbein.

... die landgräfliche Stiftung und das Hospital ...

Die Stiftung des Landgrafen hat laut Verwaltung bis heute Bestand. Seit einem halben Jahrhundert ist so in den Räumen des alten Klosters und zahlreichen neueren Gebäuden ein Hospital untergebracht. Zu seinen Patienten zählen immer schon psychisch und geistig behinderte Menschen. In der Zeit der Nationalsozialisten sind mehr als 460 von ihnen deportiert und umgebracht worden. An sie erinnert das Psychiatriemuseum, das etwa auch Zwangsjacken, ein „hohles Rad“ und andere Geräte zeigt, die früher in solchen Anstalten zum Einsatz gekommen sind. Heute wird die Einrichtung, zu der zwei psychiatrische Kliniken gehören, von Vitos Haina geführt, einem Unternehmen des Landeswohlfahrtsverbandes.

Hier geht’s zum Kapitelsaal. Gedenkstein für Patienten aus nationalsozialistischer Zeit.

... bis hin zur Dynastie der Maler

Und dann ist da noch die Dynastie der Maler gewesen: Als Hospitalbäcker lebt einst in Haina ein Mann, zu dessen Nachkommen mehr als zwei Dutzend Maler gehörten. Der bekannteste von ihnen ist Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751-1829), der in Rom in einer Wohngemeinschaft mit Johann Wolfgang Goethe lebte. Tischbein malte damals da weltberühmte Bild, das den Geheimen Rat als Reisenden vor antiken Ruinen darstellt. Das Haus der Familie Tischbein steht noch an der Klostermauer. Eine Präsentation würdigt die Dynastie. Aus der gleichen Epoche stammt der romantische, 1789 angelegte englische Stamfordsche Landschaftsgarten.

Geburtshaus von Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein. Am Landgraf-Philipp-Platz.

Im Kapitelsaal

In die Stille des Klosters kommt etwas Bewegung hinein. Eine Art Spiegel mit goldfarbener Schrift, auf dem unter vier Namen oben links und oben rechts sowie unten über dem Datum 30. Juli 2022 auch noch „Holterdiepolter“ steht, weist den Weg in den Kapitelsaal, während sich draußen im Innenhof des Kreuzgangs junge Frauen und Männer in Trikots so langsam zu einem Spalier formieren. Grund: Anne und Kevin, Suse und Andi trauen sich an diesem Samstag. Sie feiern eine Hochzeit im Doppelpack. Für die das ehemalige Kloster in Haina den Rahmen bietet. Passend. Und würdig dazu.

Info Kloster Haina

Die zuletzt knapp 3400 Einwohner zählende Gemeinde im südöstlichen Teil des Landkreises Waldeck-Frankenberg liegt östlich von Frankenberg und nordöstlich des Burgwalds am Südwesthang des Kellerwaldes an der Wohra unweit des zweithöchsten Kellerwald-Berges, des Hohen Lohrs, das sich fast 657 Meter über die Region erhebt. Bekannt ist Haina durch sein ehemaliges Kloster, eine der bedeutendsten gotischen Anlagen dieser Art in Hessen. Im Zuge der Reformation in ein Landeshospital umgewandelt, beherbergt es heute ein sozialpsychiatrisches Zentrum. Psychiatriemuseum und das Haus der Malerfamilie Tischbein zählen zu den Museen in der Region. Es gibt Besichtigungen, Führungen, eine Tischbein-Ausstellung und den Verein der Freunde des Klosters Haina. Internet-Information: www.klosterhaina.de.

Info Waldeck-Frankenberg I

Der Landkreis im Westen Nordhessens am Übergang des Rheinischen Schiefergebirges ins Hessische Bergland ist flächenmäßig mit 1848 Quadratkilometern der größte im Bundesland, zählte zuletzt über 156 500 Einwohner. Ausgedehnte Wälder und die Eder, die den gleichnamigen See speist, prägen die Mittelgebirgslandschaft. Die beiden größten Städte sind Korbach im Nordteil sowie Frankenberg im Südteil. Korbach ist zugleich Kreisstadt. Daneben gehören etwa noch Bad Wildungen, Bad Arolsen, Volkmarsen, Waldeck, Edertal, Willingen, Allendorf/Eder, Battenberg und Diemelstadt zu den größeren Orten in der Region, die auch Burg- und Kellerwald umfasst. Wichtige Flüsse neben der Eder sind Diemel, Twiste, Itter und Orke, wichtige Seen neben dem Edersee Diemel- und Twistesee.

Info Waldeck-Frankenberg II

Als Wahrzeichen des Landkreises gilt Schloss Waldeck am Nordufer des Edersees. Die Korbacher Spalte ist eine 20 Meter tiefe, bis zu 3,50 Meter breite und etwa einen Kilometer lange wichtige Lagerstätte für Fossilien. Der seit 2004 existierende und 2011 zum Weltnaturerbe erklärte Nationalpark Kellerwald-Eder ist einer von 14 in Deutschland und einziges Schutzgebiet dieser Art in Hessen. Für Wanderer: Auf dem 68 Kilometer langen Urwaldsteig, einem Rundwanderweg mit sechs Etappen, lässt sich speziell die Edersee-Region ganz gut erkunden. Der 156 Kilometer lange Kellerwaldsteig führt auf zwölf Etappen ab Frankenau neben Waldeck-Frankenberg auch noch durch Schwalm-Eder. Drei persönliche Tipps noch: Nach Willingen, in den Sommer- und Winterurlaubsort im Waldecker Upland. Nach Bad Wildungen mit Bummel durch die Altstadt, über den Wochenmarkt oder zum Besuch des Gitarrenfestivals. Und nach Reinhardshausen zum Burger-Essen im "Worschtkopp"-Imbiss mit Regionalladen.

Info Waldeck-Frankenberg III

Klimamäßig liegt Waldeck-Frankenberg im gemäßigten Bereich. Als Möglichkeit zur Einquartierung können wir in Ellershausen bei Frankenau das Romatik-Hotel Landhaus Bärenmühle (Vier-Sterne-Niveau, 15 Zimmer/Suiten, im Tal der Mühlen am Lengelbach gelegen, ländlich-elegant mit viel Liebe zum Detail eingerichtet, Wellness mit Sauna, Naturgarten, Naturbadeteich, www.baerenmuehle.de) empfehlen. Zu den kulinarischen Spezialitäten der Region gehören neben Fleisch- Wildgerichten etwa auch Ahle Worscht und Schepperlinge als eine Art Kartoffelpuffer.

Touristische Organisationen

... gibt es in Waldeck-Frankenberg einige, bei denen Interessierte aber schnell den Überblick verlieren könnten. Klaus Dieter Brandstetter, Geschäftsführer der Touristik Service Waldeck-Ederbergland GmbH, klärt auf. In Hessen gilt das Drei-Ebenen-Modell, bei dem es auf lokaler Ebene in der nordhessischen Region diese touristische Arbeitsgemeinschaften gibt: Marburg Stadt-und Land Tourismus GmbH, zuständig für den Burgwald (Erwin-Piscator-Haus, Biegenstraße 15, 35037 Marburg, Telefon 06421-99120, www.marburg-tourismus.de), Ederbergland Touristik, zuständig für Allendorf/Eder, Battenberg, Bromskirchen, Frankenberg/Eder und Hatzfeld (Untermarkt 12, 35066 Frankenberg/Eder, Telefon 06451-717672, www.ederbergland-touristik.de), Edersee Marketing GmbH, zuständig für Bad Wildungen, Edertal, Frankenau, Lichtenfels, Vöhl und Waldeck (Hemfurther Straße 14, 34549 Edertal, Telefon 05623-99980, www.edersee.com), Tourist-Information Willingen (Am Hagen 10, 34508 Willingen/Upland, Telefon 05632-9694353, www.willingen.de), Tourist-Information Diemelsee (Kirchstraße 6, 34519 Diemelsee, Telefon 05633-91133, www.diemelsee.de), Tourist-Information Korbach (Professor-Bier-Straße 15, 34497 Korbach, Telefon 05631-53232, www.korbach.de) und Touristik-Service Bad Arolsen, zuständig für Bad Arolsen, Diemelstadt, Twistetal und Volkmarsen (Große Allee 24, 34454 Bad Arolsen, Telefon 95691-801240, www.bad-arolsen.de). Als Mittler zwischen übergeordneter Destinationsebene, hier: GrimmHeimat NordHessen, lokaler Ebene und Landesebene gibt es den Funktionalpartner, dessen Position für den Landkreis Waldeck-Frankenberg von der Touristik Service Waldeck-Ederbergland GmbH (Auf Lülingskreuz 60, 34497 Korbach, Telefon 05631-954359, www.waldecker-land.de) wahrgenommen wird.

Service Anreise

Die nächsten Autobahnanschlüsse sind die bei Diemelstadt auf der A44 und bei Fritzlar auf der A49. Wichtigste Zubringerstraße in die Region ist die Bundesstraße B252, die Marburg über Frankenberg, Korbach und Bad Arolsen mit Warburg und Paderborn verbindet. Der Edersee ist am besten über die Bundesstraßen B251, B252 und B485 erreichbar. Züge verkehren auf den Strecken Volkmarsen-Bad Arolsen-Korbach, Brilon Wald-Willingen-Korbach, Marburg-Frankenberg-Korbach und Wabern-Bad Wildungen. 55 Kilometer sind es vom Edersee zum Flughafen Kassel-Calden, 90 zum Flughafen Paderborn/Lippstadt und 165 bis zum Flughafen Frankfurt/Main.

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KoCom/Fotos: Günther Koch

16. Oktober 2022