Französisch inspiriert
Deutschland ist schön: In Waldeck-Frankenberg (VI/Schluss) / Küche nicht nur herzhaft-rustikal
Von Günther Koch/Life-Magazin
Die Kulinarik in der Region baut teils auch auf hugenottischen Rezepten auf. Foto: Bärenmühle
Frankenau/Ellershausen – Wenn sie sie, was Waldeck-Frankenberg im Norden von Hessen betrifft, in aller Kürze beschreiben müsste: „Die traditionelle Küche der Region ist herzhaft und rustikal“, sagt Christiane Kohl, Jahrgang 1954, gebürtige Frankenbergerin, heute Geschäftsführerin des Romantik-Hotels Landhaus Bärenmühle in Ellershausen bei Frankenau. „Ein bisschen sehr rustikal, wenn man es bei den althergebrachten Gerichten belassen würde.“
Spezielle Gerichte
Was anders oder besonders ist gegenüber Küchen in Nachbarregionen? „Es gibt ein paar spezielle Gerichte hier, etwa das Waldecker Krüstchen, ein Schnitzel mit Pilzen und Spiegelei auf getoastetem Schwarzbrot, oder die Schepperlinge, eine Art Kartoffelpuffer, die früher auf den glattgeputzten Eisenflächen der alten Feuerhexen gebraten wurden.“
Von hugenottischen Siedlern
Kohl, als Journalistin („Spiegel“, „Süddeutsche Zeitung“) und Autorin diverser Bücher über zeitgeschichtliche Themen, von denen einige verfilmt worden sind, viel herumgekommen, kann beurteilen, was die Küche in Waldeck-Frankenberg in der Vergangenheit geprägt hat und was sie heute prägt. Auch für die Region hat demnach die der hugenottischen Siedler die Gelegenheit geboten, mit französischer Kochkunst und frischen Zutaten möglichst von Höfen aus der Gegend eine neue, feine Landküche zu kreieren, regional, trotzdem leicht, modern und wohlschmeckend. Das Küchenteam der Bärenmühle selbst koche jeden Abend sechs Gänge frisch, aus denen man sich ein Menü zusammenstellen könne.
Dann Verzicht auf jeden Schnickschnack
„Feine Landküche mit französischem Esprit“, nennt es Kohl, die Freude am guten Essen hat und der die Küche im Piemont am besten gefällt, weil sich da die französische mit der italienischen Küche treffe. Von der italienischen Küche habe man die Klarheit der Produkte übernommen. „Wenn die Vorprodukte von guter Qualität sind, kann man auf jeden Schnickschnack verzichten, sollte nur die Aromen der Produkte zur Geltung bringen.“ Von der französischen Küche lasse man sich bei der Eleganz des Anrichtens inspirieren „und natürlich durch die Rezepte der Hugenotten, die wir allerdings entschlackt, damit leichter und bekömmlicher gemacht haben“.
Vermutlich Bier – oder Crémant de Die
Crèpinette vom Kellerwaldreh, ein Filetstück, ummantelt mit einer Farce, einer Füllung hier aus Hühnerhack, Eiern und Gewürzen, mit Steinpilzschaum, Pommes Risolées und gedünsteten Mangoldblättern, empfiehlt die Landhaus-Chefin. Und was trinken Waldeck-Frankenberger meist zu dem, was sie essen? „Vermutlich Bier“, nimmt Kohl an. „Wir servieren zum Aperitif einen Crémant de Die und dann passende Weißweine von vornehmlich deutschen Weingütern oder einen kräftigen Côtes du Rhône.
Oder mit Ellershäuser Käse
Wenn sie selbst ein neues, regionales Gericht kreieren müsste: Was würde das sein? Und wie würde sie es nennen? Vielleicht Bärenmahl? „Die Ravioles Diois sind ja praktisch von uns kreiert, angelehnt an ein Gericht, das gern in der Region um die französische Stadt Die an der Drôme, einem Zufluss der Rhône, gegessen wird.“ Eben von dort seien die Hugenotten gekommen, von denen eine junge Nachkommin 1735 in die Bärenmühle eingeheiratet hat: Nach Anna Elisabeth Martron ist das Restaurant der Bärenmühle benannt. Wie die speziellen Teigtaschen zubereitet werden? Mit drei verschiedenen Füllungen: Mit Kalbsfarce, Waldpilzen aus der Region oder mit Ellershäuser Ziegenfrischkäse, serviert in einem Bett aus frischem, knackigem Gemüse. „Übrigens stellen die Ravioles tatsächlich eine gelungene Kombination aus französischer, italienischer und deutscher Regionalküche dar.“ Einst hätten die alten Römer die Teigtaschen nämlich in die Drôme-Region gebracht. Von dort seien sie Ende des 17. Jahrhunderts mit den Hugenotten ins Tal am Lengelbach gekommen. „Wir haben diese Köstlichkeit wieder entdeckt und im Geschmack ein bisschen modernisiert.“
Info Waldeck-Frankenberg I
Der Landkreis im Westen Nordhessens am Übergang des Rheinischen Schiefergebirges ins Hessische Bergland ist flächenmäßig mit 1848 Quadratkilometern der größte im Bundesland, zählte zuletzt über 156 500 Einwohner. Ausgedehnte Wälder und die Eder, die den gleichnamigen See speist, prägen die Mittelgebirgslandschaft. Die beiden größten Städte sind Korbach im Nordteil sowie Frankenberg im Südteil. Korbach ist zugleich Kreisstadt. Daneben gehören etwa noch Bad Wildungen, Bad Arolsen, Volkmarsen, Waldeck, Edertal, Willingen, Allendorf/Eder, Battenberg und Diemelstadt zu den größeren Orten in der Region, die auch Burg- und Kellerwald umfasst. Wichtige Flüsse neben der Eder sind Diemel, Twiste, Itter und Orke, wichtige Seen neben dem Edersee Diemel- und Twistesee. Drei persönliche Tipps noch: Nach Willingen, in den Sommer- und Winterurlaubsort im Waldecker Upland. Nach Bad Wildungen mit Bummel durch die Altstadt, über den Wochenmarkt oder zum Besuch des Gitarrenfestivals. Und nach Reinhardshausen zum Burger-Essen im "Worschtkopp"-Imbiss mit Regionalladen.
Info Waldeck-Frankenberg II
Als Wahrzeichen des Landkreises gilt Schloss Waldeck am Nordufer des Edersees. Der seit 2004 existierende und 2011 zum Weltnaturerbe erklärte Nationalpark Kellerwald-Eder ist einer von 14 in Deutschland und einziges Schutzgebiet dieser Art in Hessen. Für Wanderer: Auf dem 68 Kilometer langen Urwaldsteig, einem Rundwanderweg mit sechs Etappen, lässt sich speziell die Edersee-Region ganz gut erkunden. Der 156 Kilometer lange Kellerwaldsteig führt auf zwölf Etappen ab Frankenau neben Waldeck-Frankenberg auch noch durch Schwalm-Eder. Klimamäßig liegt Waldeck-Frankenberg im gemäßigten Bereich. Als Möglichkeit zur Einquartierung können wir in Ellershausen bei Frankenau das Romatik-Hotel Landhaus Bärenmühle (Vier-Sterne-Niveau, 15 Zimmer/Suiten, im Tal der Mühlen am Lengelbach gelegen, ländlich-elegant, viel Liebe zum Detail, Wellness mit Sauna, Naturgarten, Naturbadeteich, www.baerenmuehle.de) empfehlen.
Touristische Organisationen
... gibt es in Waldeck-Frankenberg einige, bei denen Interessierte aber schnell den Überblick verlieren könnten. Klaus Dieter Brandstetter, Geschäftsführer der Touristik Service Waldeck-Ederbergland GmbH, klärt auf. In Hessen gilt das Drei-Ebenen-Modell, bei dem es auf lokaler Ebene in der nordhessischen Region diese touristische Arbeitsgemeinschaften gibt: Marburg Stadt-und Land Tourismus GmbH, zuständig für den Burgwald (Erwin-Piscator-Haus, Biegenstraße 15, 35037 Marburg, Telefon 06421-99120, www.marburg-tourismus.de), Ederbergland Touristik, zuständig für Allendorf/Eder, Battenberg, Bromskirchen, Frankenberg/Eder und Hatzfeld (Untermarkt 12, 35066 Frankenberg/Eder, Telefon 06451-717672, www.ederbergland-touristik.de), Edersee Marketing GmbH, zuständig für Bad Wildungen, Edertal, Frankenau, Lichtenfels, Vöhl und Waldeck (Hemfurther Straße 14, 34549 Edertal, Telefon 05623-99980, www.edersee.com), Tourist-Information Willingen (Am Hagen 10, 34508 Willingen/Upland, Telefon 05632-9694353, www.willingen.de), Tourist-Information Diemelsee (Kirchstraße 6, 34519 Diemelsee, Telefon 05633-91133, www.diemelsee.de), Tourist-Information Korbach (Professor-Bier-Straße 15, 34497 Korbach, Telefon 05631-53232, www.korbach.de) und Touristik-Service Bad Arolsen, zuständig für Bad Arolsen, Diemelstadt, Twistetal und Volkmarsen (Große Allee 24, 34454 Bad Arolsen, Telefon 95691-801240, www.bad-arolsen.de). Als Mittler zwischen übergeordneter Destinationsebene, hier: GrimmHeimat NordHessen, lokaler Ebene und Landesebene gibt es den Funktionalpartner, dessen Position für den Landkreis Waldeck-Frankenberg von der Touristik Service Waldeck-Ederbergland GmbH (Auf Lülingskreuz 60, 34497 Korbach, Telefon 05631-954359, www.waldecker-land.de) wahrgenommen wird.
Service Anreise
Die nächsten Autobahnanschlüsse sind die bei Diemelstadt auf der A44 und bei Fritzlar auf der A49. Wichtigste Zubringerstraße in die Region ist die Bundesstraße B252, die Marburg über Frankenberg, Korbach und Bad Arolsen mit Warburg und Paderborn verbindet. Der Edersee ist am besten über die Bundesstraßen B251, B252 und B485 erreichbar. Züge verkehren auf den Strecken Volkmarsen-Bad Arolsen-Korbach, Brilon Wald-Willingen-Korbach, Marburg-Frankenberg-Korbach und Wabern-Bad Wildungen. 55 Kilometer sind es vom Edersee zum Flughafen Kassel-Calden, 90 zum Flughafen Paderborn/Lippstadt und 165 bis zum Flughafen Frankfurt/Main.
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KoCom/Fotos: Günther Koch
21. Oktober 2022