Freitag, 29. März 2024

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GALERIA REISE Am Point Alpha in der Rhön: Eine deutsch-deutsche Geschichte. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Biegung für Biegung: Deutschland ist schön - an der Mosel entlang. Foto: Günther Koch

Gute Reise!

"Eine Dame lebt in Venedig, / die ist mit achtzig noch ledig. / Sie beklagt sich nicht, / sie lächelt und spricht: / „Vielleicht war das Schicksal mir gnädig.“

Die Limericks, die Sie an dieser Stelle immer lesen, stammen alle von Ole Haldrup. Sein „Buch der Limericks“ (2003), dazu „Lirum, Larum, Limerick“ (2004) und „Das Geheimnis der fünften Zeile" (2007) sind zu beziehen über: Nereus-Verlag, Susanne Happle, Johann-von-Werth-Straße 6, 79100 Freiburg, Telefon 0761-403802, nereus-verlag @gmx.de. (gk)

"Wat mir sin"

Deutschland ist schön: Im Grenzland zu Luxemburg (V) / Ein Besuch in dem kleinen Großherzogtum

Von Fiona Grebe/Life-Magazin

Europa, hier die Philharmonie am Place de l’Europe, hat das kleine Luxemburg groß gemacht. Fotos: Koch/Grebe

Luxemburg – Grün ist das Land, zumindest in den wärmeren Jahreszeiten. Auch die Hauptstadt ist es. „Und zwar sogar ein Drittel ihrer Fläche“, deutet Kathy Giorgetti an, mit der wir durch Luxemburg-Stadt gehen. Die zählt über 100 000 Einwohner, aber es arbeiten offenbar mehr Leute dort als in der Stadt leben. „Ich glaube“, sagt unsere Führerin, „das gibt es sonst nur noch in Orten wie Genf.“ Um die 150 000 Pendler aus den Nachbarländern Frankreich, Belgien und Deutschland sollen es sein, die zuletzt jeden Morgen mit der Bahn oder dem Auto zur Arbeit gefahren sind und abends wieder zurück.

Noch einen Kilometer ist es bis zur Grenze. Der Flughafen in Findel ist Luxemburgs Tour zur Welt.

Charme mit Festung

Deshalb ist am Tag viel los in der Stadt. Abends wird es auf einmal ganz ruhig. So gegen 18 Uhr ist es von einer auf die andere Stunde wie leergefegt. Eine Besonderheit ist auch: Die Luxemburger selbst scheinen in der Minderheit. Über die Hälfte Nicht-Luxemburger wohnt in der Stadt, insgesamt rund 170 Nationalitäten. Kein Wunder: Neben Brüssel und Straßburg ist Luxemburg eine der drei Europastädte. Über 10 000 Europabeamte arbeiten dort. „Das erklärt die untypische Stadt.“ Drei offizielle Amtssprachen gibt es. Luxemburgisch, ein mosel-fränkischer Dialekt, dann Französisch und Deutsch. „Wir Luxemburger“, betont Kathy Giorgetti, „mögen es nicht, dass man uns sagt, dass wir einen Dialekt haben, weil Luxemburgisch seit 15 Jahren offiziell eine richtige Sprache ist.“ Luxemburg ist eine charmante Stadt mit einer über 1000 Jahre alten Festung. Luxemburg ist internationaler Finanzplatz. „Und vor allem diese Kontraste sind es“, glaubt zumindest unsere Begleiterin, „die diese Stadt interessant machen.“

Durch die Stadt Luxemburg mit Resten der alten Festung schlängelt sich der Fluss Alzette.

An wichtigen Handelswegen

Rückblick. Aus Luxemburgs erster Burg Lucilinburhuc, errichtet um 963 herum, entsteht der Name der Stadt, später dann auch des Großherzogtums. „Das sorgt immer wieder für Verwirrung, denn die Leute denken, wir wären bloß eine Stadt.“ Um die auf einem Felsvorsprung gebaute Burg, einem strategisch wichtigen Punkt, wachsen Siedlungen. Die Hügel, die Täler, der Fluss – „das  alles“, weiß Giorgetti, „hat die Leute damals angezogen.“ Hinzu kommt: Luxemburg entwickelt sich damals am Schnittpunkt wichtiger europäischer Handelswege. Fremde herrschen mehr als 700 Jahre: Burgunder, Franzosen, Österreicher, Spanier, wieder Franzosen und sogar Preußen. Gleich drei Festungsgürtel ziehen sich um die Stadt, „die löchrig wie Schweizer Käse war, unterhöhlt von einem Labyrinth aus Gängen, die der Verteidigung dienten“. Noch heute erstrecken sich über zwölf Kilometer lange Gänge unter dem „Gibraltar des Nordens“.

Blick auf die Kirche St. Johann im Tal. Das Stadttor mutet nicht nur mittelalterlich an.

Über die „Rote Brücke“

Auf dem Bockfelsen hat sich Luxemburg entwickelt. Im Kirchbergviertel finden sich viele Europa-Institutionen. „Im Stadtzentrum war alles voll“, erzählt Kathy, „und man hat dann, als Luxemburg den Sitz der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl bekam und nachher eben die anderen Behörden, die große ‚Rote Brücke’ gebaut, die Stadt und Kirchberg verbindet.“ Wahrzeichen der Altstadt oben ist die Michaelskirche mit dem Zwiebelturm, dem ältesten Gotteshaus des Landes. Später hat man sich auch unten in Klausen und im Talgrund niedergelassen. „Oben wohnten die Reicheren, die Bildungsbürger, die Händler, unten die Ärmeren und die Handwerker mit ihren Werkstätten nahe am Fluss Alzette.“ Apropos Fluss: Die wichtigsten sind daneben noch die Mosel im Südosten nach Deutschland hinüber, die Sauer und die Our. Durch ihre besondere Topographie ist Luxemburg eine Stadt mit über 100 Brücken.

Auszug aus der Nationalhymne: „Mir wölle bleiwe, wat mir sin“. Treff in der "Kleinen Restauration".

Am besten zu Fuß

Am Ufer der Alzette liegt das Viertel Grund, beliebt und nett zum Ausgehen. Es gibt Restaurants und Pubs, in denen man sich abends trifft. Die Stadt insgesamt ist klein, lässt sich am besten zu Fuß erkunden. Im Sommer finden Musikfestivals und Openair-Theaterveranstaltungen statt. Dass Luxemburg durchaus auch Standort der Filmbranche ist, begründet Kathy zu dem Zeitpunkt, als wir uns dort aufhalten, damit, dass es eine „steuerlich interessante Vergünstigung für europäische Produktionen“ gibt: „Wir hatten hier schon große Stars wie Catherine Deneuve und Gerad Depardieu.“

Was sich dieser weis(s)e Kopf wohl denken mag? Die Chambre des Députés ist das Parlament.

Auf vielen alten Häusern

„Mir wölle bleiwe, wat mir sin“, heißt es in der Nationalhymne des Landes. Die Luxemburger sind im 19. Jahrhundert erst relativ spät unabhängig geworden. „Wir hatten die Fremdherrschaft satt und wollten eine Nationalidentität aufbauen.“ So steht der „Wir wollen bleiben, was wir sind“-Spruch symbolisch für den Wunsch nach Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, eingemeißelt in den Sandstein vieler alter Häuser. Wir halten am Hintereingang des Großherzoglichen Palasts. Hier hat Großherzog Henri seine Büros und Arbeitszimmer; vorher war es das erste Rathaus der Stadt. Seine Hoheit wohnt teils dort, hat aber auch ein Haus im Norden, in Colmar-Berg etwa 30 Kilometer entfernt. „Hält sich die Familie hier auf“, erklärt Giorgetti, „ist die Fahne gehisst.“

Der großherzogliche Palast in der Innenstadt. Das luxemburgische Wappen am Palastbalkon.

Wahlrecht, Wahlpflicht

Das Parlament ist an den Palast angebaut. „Die Symbolik von diesen zwei Gebäuden mitten in der Stadt ist, dass beide miteinander arbeiten.“ Die Verfassung der konstitutionell-parlamentarischen Monarchie sieht vor, dass der Großherzog eine eher repräsentative Funktion hat. Er vertritt das Land, ist Oberhaupt der Armee, unterschreibt Gesetze, greift aber nicht in die Tagespolitik ein. „Eigentlich“, fügt Kathy hinzu, „ist er neutral.“ Die Luxemburger, erzählt unsere Führerin, haben nicht nur Wahlrecht, sondern auch eine Wahlpflicht: „Wenn man sich mit Briefwahl nicht abmeldet, bekommt man eine Strafe. Schließlich haben wir nur 200 000 Wahlberechtigte und da muss jeder mitmachen.“ Am Wilhelmsplatz, inoffiziell „Knuedler-Platz“ („Knoten-Platz“) genannt, lebten früher Franziskaner-Mönche. Heute steht das Rathaus dort. Ein Denkmal erinnert an Wilhelm, der als Großherzog von Luxemburg zugleich König der Niederlande war und das Land von Den Haag aus wie eine niederländische Provinz regiert. „Er war“, weiß Giorgetti, „beliebt und der erste, der uns eine liberale Verfassung gegeben hat.“

Reiterstatue von Großherzog Guillaume auf dem Place Guillaume II. Im Gedenken an die Gefallenen.

Bei der goldenen Lady

Die Stadt hat nach dem Beispiel der Benediktiner die alten Klostergärten wieder neu angelegt. Sogar Weinreben sind gepflanzt worden. Es finden sich medizinische Kräuter und jede Menge Blumen. Der Konstitutionsplatz ist auch der Platz der „Goldenen Frau“, an dem der luxemburgischen Soldaten gedacht wird, die in den beiden Weltkriegen und selbst im Koreakrieg starben. Hinter der Goldlady ragt ein gigantisches Gebäude mit großem Turm empor. „Die meisten Touristen denken, es sei der Palast, aber es ist der Hauptsitz der Stadtsparkasse, was natürlich das Luxemburg-Klischee vom Banken- und Finanzplatz bestätigt.“ Aber dem ist nicht (nur) so.

Der Platz mit dem Mahnmal samt Goldener Frau an der Spitze und Wegweisung davor.

Info Luxemburg I

Das kleine Großherzogtum, das mit Belgien und den Niederlanden zu den Benelux-Staaten gehört und Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist, erstreckt sich über knapp 2600 Quadratkilometer, zählt gut 600 000 Einwohner, teilt sich eine über 135 Kilometer lange Grenze mit Deutschland. Hauptstadt ist Luxemburg-Stadt. Weitere größere Städte sind Esch, Differdingen und Düdelingen. Diekirch und Ettelbrück bilden den Großraum Nordstad. Im Norden gehört ein Teil der Ardennen zu dem Land. Bewaldete Berge, Hügel und tiefere Flusstäler wie das der Sauer prägen die Osling genannte Region dort. Höchste Erhebung ist mit 560 Metern der Kneiff-Hügel in Huldingen. Klimatisch geht es mitteleuropäisch gemäßigt zu. Die Winter sind eher mild, die Sommer angenehm. Wir waren etwa 100 Kilometer entfernt im benachbarten Saarland in Gonnesweiler in der Seezeitlodge Hotel & Spa (Vier-Sterne-Superior, 98 Zimmer/Suiten, behaglich-natürliche Einrichtung mit keltischer Historie, direkt am Bostalsee gelegen, www.seezeitlodge.de) untergebracht. Als Restaurant in der Stadt Luxemburg können wir am Place de l’Europe auf der Rückseite der Philharmonie das Tempo (www.tempobaroumanger.lu), Motto „Bar où manger“ („Bar oder essen“), empfehlen.

Bei Beaufort geht es links ins Müllerthal. Der heilige Willibrord vor der Basilika in Echternach.

Info Luxemburg II

In der Landesküche ragen Judd mat Gaardebounen, geräuchertes Schweinefleisch mit dicken Bohnen, sowie Bouneschlupp-Bohnensuppe mit Kartoffeln und Kniddelen genannte Knödel aus Mehl, Wasser, Eiern und Salz heraus. Typische Desserts sind Quetschentaart-Pflaumenkuchen und Omlette Soufflée au Kirsch. Als regionale Spezialitäten gelten Ardennenschinken, Schwein in Aspik, Riesling-Pasteten, Krebse und Hechte sowie gebackene Fische aus Mosel und Untersauer. Die Weißweine der luxemburgischen Mosel sind der frische Riesling, der trocken-leichte Elbling, der fruchtige Auxerrois, der sanfte Rivaner, der Pinot Gris und der elegante Pinot Blanc. Der würzige Traminer und der vollmundige Pinot Noir runden das Angebot ab. Wichtige Veranstaltungen im Jahreslauf sind das traditionelle Eimaischen Emmausfest am Ostermontag, das Burgbrennen am ersten Fastsonntag, die Mutter-Gottes-Oktav vom dritten bis fünften Sonntag nach Ostern mit dem Oktavmäertchen-Jahrmarkt, die Echternacher Springprozession am Dienstag nach Pfingsten sowie die Schobermesse Schueberfouer im Spätsommer. Information: Luxemburg-Tourismus, 6, rue Antoine de Saint-Exupéry, L-1432 Luxemburg, Telefon +352 4282821, www.visitluxembourg.com.

Vor der großherzoglichen Polizeistation in der Grenzstadt und am Museum für Frühgeschichte.

Service Auto

Von Deutschland reist man am besten mit dem Auto durch Eifel, Hunsrück, Pfalz oder das Saarland an. Von Koblenz sind es gut 170 Kilometer bis Luxemburg-Stadt, von Kaiserslautern 160, von Saarbrücken 100, von Trier noch etwa 50. Das Netz an Nationalstraßen im Land ist dicht, rund 160 Kilometer davon sind Autobahnen. In Orten darf 50, außerhalb 90, auf Autobahnen Tempo 120 gefahren werden. Die Promillegrenze liegt bei 0,5. Auch Bahn- und Busanreisen sind möglich. Der internationale Flughafen in Findel liegt sechs Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Nationale Airline ist die Luxair.

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Im Rahmen unserer Serie „Im Grenzland zu Luxemburg“ sind bislang ebenfalls erschienen: Savoir vivre: Die Region Mehr „Marktnische finden“: Der Tourismus Mehr Dreierlei vom Hochwald: Küche und Keller Mehr „Mittlerin in Europa“: In Trier Mehr Hotels dieser Welt: Seezeitlodge, Saarland Mehr Bei dem Beitrag über Luxemburg handelt es sich um die aktualisierte Fassung einer 2008 zuerst in der Speyerer Morgenpost erschienenen Reisereportage. Mit der Mosel beenden wir als nächstes die dann siebenteilige "Deutschland ist schön"-Reihe über das Grenzland zu Luxemburg.

KoCom/Fotos: Günther Koch/Fiona Grebe

9. Januar 2019