Savoir vivre
Deutschland ist schön: Im Grenzland zu Luxemburg (I) / Die Region / Mit Mercedes an der Mosel
Von Günther Koch/Life-Magazin
Grabeskirche des heiligen Wendelin: Wendelinusbasilika in St. Wendel. Fotos: Koch
Gonnesweiler – Autobahn meiden! Schon beim letzten Mal sind wir ausschließlich über Landstraße quer durch die Eifel nach Luxemburg gefahren. Diesmal entscheiden wir uns für den ebenfalls gleich hinter Koblenz beginnenden Hunsrück mit Wäldern entlang der Höhenstraße, die so verwunschene Namen wie Soon- oder Zauberwald tragen und in denen Räuber wie der Schinderhannes einst ihr Unwesen getrieben haben. Unser Ziel bleibt: Die saarländisch/rheinland-pfälzische Grenzregion zu dem kleinen Großherzogtum, wo Mercedes zuletzt an der Mosel seine neue C-Klasse vorgestellt hat.
Der Flughafen in Findel ist Luxemburgs Tor zur Welt. In Piesport an der Mosel, Heimat des „Goldtröpfchens“.
Heimat der „Heimat“
Vom Luxemburger Flughafen in Findel hat uns die Route bei dem Termin über Grevenmacher und Wasserbillig zunächst in einem großen Bogen nach Rheinland-Pfalz in den Landkreis Bernkastel-Kues geführt. Nach Piesport, größter Winzerort im Anbaugebiet der Mosel und Heimat des „Goldtröpfchens“. Nach Wintrich, wo sich das Tal zu flacheren Uferhängen an mehreren Flussschleifen weitet und das Weingut Erbhof St. Michael einen Zwischenstopp lohnt. Nach Morbach am Saar-Hunsrück-Steig mit Burg Baldenau, Burg Hunolstein, dem Archäologiepark Belginum, einem Viadukt, das zu den höchsten eingeschossigen steinernen Eisenbahnbrücken in Deutschland gehört, und dem Café Heimat in Erinnerung an das filmische Hunsrücker „Heimat“-Epos von Edgar Reitz. Nach Hermeskeil mit der Marienkapelle auf dem Erzberg, mit Dampflok-, Feuerwehrmuseum und der privaten Flugausstellung, die vom Alpha Jet über Concorde, Junkers Ju23, Starfighter, Phantoms und russische MIGs bis hin zur Vickers VC10 über 100 zivile und militärische Flugzeuge und Hubschrauber zeigt.
Säulenreiter am Archäologiepark bei Morbach. Mercedes C-Klasse-Kombi vor Concorde in Hermeskeil.
Am aufgestauten Bostalsee
Jetzt schließt sich der Kreis. Nach einem dauerheißen Sommer ist es kalendarisch gerade Herbst geworden. Die Sonne scheint, die Temperaturen erreichen tagsüber noch immer um die 20 Grad. Aber erste Blätter an den Bäumen haben sich schon langsam gelblich-braun verfärbt, scheinen immer weniger Kraft zu haben, sich im Astwerk zu halten, wenn späte September-Winde über den aufgestauten Bostalsee bei Gonnesweiler im nordöstlichen Saarland wehen, wo wir uns im Seezeitlodge Hotel & Spa einquartieren.
Auch die Feuerstelle der Seezeitlodge lehnt sich an keltische Geschichte an. Katholischer Glaube am ...
Für höchste Wasserqualität
Für den Rundgang am späten Nachmittag um den See empfiehlt die Mitarbeiterin des Hotels, lieber eine Jacke mitzunehmen. „Es könnte zum Abend hin doch schon etwas frischer werden!“ Rund sieben Kilometer misst die Strecke um das seit 1979 in dieser Form existierende Trinkwasserreservoir auf einer Fläche von 120 Hektar hinter einem 500 Meter langen und 23 Meter hohen Damm. Ein Freizeitgelände für Wassersportler und Erholungssuchende, für Wanderer, Jogger und Radler. Wer will, kann segeln oder im Tretboot fahren. Für Schwimmer gibt es zwei Strandbäder. Die drei Sterne für höchste Wasserqualität hat es wohl auch deshalb gegeben, weil Motorboote verboten sind. Am Weg macht die linke Sammlungsbewegung „Aufstehen“ auf sich aufmerksam über Plakate, die an Laternenmasten kleben. Auch die Besitzer von Findus versuchen so ihr Glück: Ihr cremefarbener Kater ist seit einiger Zeit verschwunden. „Wir vermissen ihn sehr!“ Derweil richten sich die technischen Hilfeleister auf der anderen Seite des Ufers auf die Rescue Days genannten Rettungstage zur Ausbildung ihrer Nachwuchskräfte ein.
... und Tretboot-Parade mit Schwanenbug auf dem Bostalsee. Ganz schön weit vom Bostalsee bis nach Kapstadt!
„Die Region ist im Kommen“
Von der höher gelegenen Seezeitlodge blickt man direkt auf den See. Die Vier-Sterne-Superior-Anlage ist erst seit Sommer 2017 geöffnet. Es herrscht ganz schön Betrieb. Die Auslastung, erzählt Kathrin Sersch, die zusammen mit ihrem Mann Christian das Haus leitet, liegt im Schnitt bei 80 Prozent. Die Gäste reisten aus einem Umkreis von rund zweieinhalb bis drei Stunden vor allem aus den Großräumen Köln, Düsseldorf, Karlsruhe, Stuttgart, Frankfurt und aus dem nahen Luxemburg an. „Die Region ist im Kommen“, sagt Sersch, meint damit nicht zuletzt ihre eigene Heimat, das Saarland – und weist mit Blick auf den tiefgreifenden Strukturwandel durch den Rückgang von Bergbau und Stahlindustrie aber auch gleich auf die immer größere Bedeutung des Tourismus hin, eines nachhaltigen, naturnahen und wertigeren insbesondere in ländlichen Bereichen.
Im Cafè Marie-Luise in Bosen brühen Silke und Roland Zwetsch die Kaffees zu süßen Kuchengenüssen frisch auf.
Vorher schon die Kelten
Eingebettet in die Mittelgebirgslandschaft des Naturparks Saar-Hunsrück und des Nationalparks Hunsrück-Hochwald liegt die Moselregion im St. Wendeler Land da. Luxemburg und Frankreich sind nah. Deren Art zu leben und zu genießen, das Savoir-vivre, hätten die Saarländer ebenfalls für sich entdeckt. Sie formulierten es, so Sersch, einfach nur bodenständiger mit „Hauptsach‘, gudd gess!“. Nicht nur die Römer haben hier ihre Spuren hinterlassen, schon früher waren die Kelten da. Die Wälder beherbergen noch immer deren steinerne Zeugen wie den keltischen Ringwall zwölf Kilometer entfernt bei Otzenhausen. Überhaupt das Keltische: Sogar im Hotel ist es gleich mehrfach zu finden. Auf der Terrasse, in der Lobby, in den Zimmern, im Restaurant-, im Barbereich, im Spa. Selbst Kräuter und klassische Konservierungsmethoden, mit denen Chefkoch Daniel Schöfisch in der Küche arbeitet, sind bei den Kelten schon bekannt gewesen.
Vollreif leuchten die Trauben vor der Café-Vinothek in Bosen. Fassaden-Verzierung im St. Wendeler Land.
Durchs St. Wendeler Land
Wir fahren durchs St. Wendeler Land. Im Café Marie-Luise in Bosen geht es beschaulich zu. Draußen wärmen sich Gäste in der Nachmittagssonne. Drinnen fragt jemand, nach wem das Café eigentlich benannt ist. In so einer Region und mit Blick auf die Nachbarn vielleicht sogar, wer weiß, nach einer Königin? Roland Zwetsch muss schmunzeln. „Meine Schwester heißt so, die nebenan die Vinothek betreibt“, sagt der Mann, der den Kaffee eingießt, den die Kaffeemanufaktur Reismühle in Krottelbach liefert, und der den Kuchen schneidet, der selbstgebacken ist. Die Weine der Vinothek stammen von ausgesuchten Winzern natürlich von Saar, Mosel, Nahe und Ruwer, aber auch aus der Pfalz, Rheinhessen und dem Rheingau. Vollreif leuchten weiße und rote Trauben an den kleineren Rebstöcken, die auf der Mauer des Innenhofs der Café-Vinothek gepflanzt worden sind – als wollten sie sagen: „Und wir sind schließlich auch noch da!“
Kirche und Benediktinerabtei in Tholey. Das Rathaus am Schlossplatz in St. Wendel.
Am Saarland-Rundwanderweg
Tholey, gut 12 000 Einwohner, erste Siedlungen gehen auch hier schon auf die Kelten zurück. Die Kirche neben der Benediktinerabtei ist zwar eingerüstet, lässt aber erahnen, welche Pracht sich innen verbirgt. Namenspatron für das rund 26 000 Einwohner zählende St. Wendel, das am Saarland-Rundwanderweg an der Blies zu Füßen des Bosenbergs liegt, ist der heilige Wendelin, der der Legende nach einst im Bistum Trier missionarisch gewirkt haben soll und in der Wendelinusbasilika seine letzte Ruhe gefunden hat. Bei der Mercedes-Veranstaltung sind wir noch über Konz die rund 100 Kilometer wieder nach Luxemburg gefahren – leider an Trier vorbei, was wir diesmal aber nachholen, um danach gleich weiter den Weg zurück über Cochem an der Mittel- und Untermosel entlang zu nehmen.
Ausschnitt von der Porta Nigra, dem Schwarzen Tor, in Trier. Die Mosel steht vor allem für Wein.
Neue Serie startet
Mit diesem Beitrag starten wir im Rahmen unserer „Deutschland ist schön“-Serie eine neue Reihe mit Vorstellung der Seezeitlodge, Geschichten über den Tourismus, Küche und Keller in der Region, über Deutschlands älteste Stadt Trier, die Mosel und einen Grenzwechsel nach Luxemburg, für den ebenfalls gilt, weil andere Strecken auch im Drei-Länder-Eck Deutschland-Frankreich-Luxemburg landschaftlich viel schöner sind: Autobahn meiden!
Info Moselregion Saarland/Rheinland-Pfalz I
Von der Quelle in den Vogesen bis zur Mündung bei Koblenz in den Rhein legt die Mosel 544 Kilometer zurück. Die Gegend, in der wir in ihrem Einzugsbereich unterwegs gewesen sind, umfasst das Gebiet zwischen dem Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg, wo der Fluss von Perl bis etwa in Höhe von Konz zugleich die Grenze zwischen Deutschland und dem kleinen Großherzogtum bildet. Sein Name leitet sich, natürlich, vom keltischen Mosea, lateinisch Mosella, ab. Es gibt Ober-, Mittel- und Untermosel. Die fruchtbaren Böden an ihren Ufern und das aufgrund der geschützten Tallagen meist milde Klima begünstigen Landwirtschaft und Weinbau. Auf etwa 10 540 Hektar wird an der Mosel Wein angebaut. Das Saarland, Hauptstadt Saarbrücken, zählt knapp eine Million Einwohner, ist mit 2571 Quadratkilometern das kleinste Flächenbundesland bei uns. Rheinland-Pfalz, Hauptstadt Mainz, kommt auf 19 858 Quadratkilometer und fast 4,1 Millionen Einwohner. Burgen und Ruinen zieren die Höhen über der Mosel. Besichtigungstouren finden auch per Schiff statt.
Info Moselregion Saarland/Rheinland-Pfalz II
Wir waren in Gonnesweiler in der Seezeitlodge Hotel & Spa (Vier-Sterne-Superior, 98 Zimmer/Suiten, behaglich-natürliche Einrichtung, die keltische Historie einbezieht, direkt am Bostalsee gelegen, www.seezeitlodge.de) untergebracht. Zur Einkehr können wir in Bosen das Café Marie-Luise (für Kaffee- und Weinliebhaber, frisch aufgebrühte Kaffees, selbstgebackene Kuchen, angeschlossene Vinothek, www.cafe-marie-luise.de) und in Wintrich das Weingut Erbhof St. Michael (1602 erstmals urkundlich erwähnt, etwa fünf Hektar Weinberge in klassifizierten Lagen in Wintrich und Piesport, angeschlossenes Hotel und Gästehaus, moselländische Küche, www.weingutshotelsanktmichael.de) empfehlen. Das Lebensgefühl in der Region ist in Richtung Luxemburg und Frankreich etwas leichter, im Hunsrück dagegen wie das Klima etwas rauer, aber nicht weniger herzlich. Ähnlich verhält es sich mit der Küche, einerseits mit frankophilem Einfluss, andererseits ziemlich deftig, was sich im Fall des Saarlands etwa an Gerichten wie Kartoffel-Dibbelabbes, Gefillde-Klöße, Lyoner Wurstpfanne, Schwenker-Braten und scharf gewürzter Merguez-Bratwurst aus Hackfleisch festmachen lässt. Wie Rheinland-Pfalz ist auch das Saarland Wein- und Bierland, freilich zusätzlich mit Crémant-Schaumwein und Viez genanntem-Apfel- oder Birnenwein noch als Besonderheit.
Info Moselregion Saarland/Rheinland-Pfalz III
Wandern, Nordic Walking, Radfahren, Wassersport, Reiten, Golfen, Bogenschießen, Erleben, Genießen – in der Region im Südwesten Deutschlands quasi im Herzen Europas ist vieles möglich. Es kann etwa vom Besuch der freigelegten und rekonstruierten römischen Villa Borg in Perl über das Erklimmen des Baumwipfelpfads an der malerischen Saarschleife bei Mettlach bis hin zum Heulen mit den Wölfen in Werner Freunds Wolfspark in Merzig reichen. Der Moselsteig verläuft über 365 Kilometer von Perl bis nach Koblenz. Die Wege sonst sind allesamt weitgehend überschaubar, ob nach Saarbrücken, Saarlouis, nach Völklingen mit dem Weltkulturerbe der Völklinger Hütte, nach Trier, Kaiserslautern, in die Schmuckstadt Idar-Oberstein, nach Luxemburg oder Frankreich. Information: Tourismuszentrale Saarland, Franz-Josef-Röder-Straße 17, 66119 Saarbrücken, Telefon 0681-927200, www.urlaub.saarland.de. Tourismuszentrale Rheinland-Pfalz, Löhrstraße 103-105, 56068 Koblenz, Telefon 0261-915200, www.rlp.de.
Service Auto
Mit dem Wagen reist man von Norden aus am besten über die Eifel oder den Hunsrück an, von Westen über Kaiserslautern, durch die Südpfalz und den Pfälzerwald. Von Koblenz sind es noch etwa 130 Kilometer bis Trier, ebenso von Ludwigshafen bis Saarbrücken. Wer über die Grenze will: In Luxemburg ist in Orten 50, außerhalb 90, auf Autobahnen Tempo 120 erlaubt, die Promillegrenze liegt wie in Frankreich bei 0,5, wo außerorts nur noch 80, auf Schnellstraßen 90, bei vierspurigem Ausbau 110 und auf Autobahnen Tempo 130 gefahren werden darf. Mit der Bahn empfiehlt sich Saarbrücken als Ziel- oder Umsteigepunkt. Die nächsten Flughäfen neben Saarbrücken sind Luxemburg und Hahn. Die Ausgangsreise im saarländisch-rheinland-pfälzischen Grenzland fand in der neuen Mercedes C-Klasse statt, die viermal als Benziner mit 122 bis 245 und achtmal als Diesel und Plug-in-Hybrid mit 129 bis 510 PS zu Einstiegspreisen ab 32 534 Euro (Limousine), 35 128 Euro (T-Modell), 37 966 Euro (Coupé) und 43 631 Euro (Cabrio) bei den Händlern steht.
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KoCom/Fotos: Günther Koch
22. Oktober 2018