Einfach, ehrlich, bunt
Am Wilden Kaiser (III): Die Küche / Chefköchin Ela Michonska über das Kulinarische der Region
Von Günther Koch/Life-Magazin
Ela Michonskas Teigrollen-Tirolls in der Kaiserlodge sind markenrechtlich geschützt. Fotos: Koch
Scheffau – Eine Polin in Tirol! Der erst 2017 eröffneten Kaiserlodge und dem angrenzende Schwesterhotel Kaiser in Scheffau am Wilden Kaiser hätte nichts Besseres passieren können – als Ela Michonska als Küchenchefin zu bekommen.
Mit Geschmack
Ela, Jahrgang 1969, geboren in Lublin im Südosten von Polen und schon seit 1989 in Österreich, nimmt sich Zeit für das Gespräch, obwohl sie eigentlich alle Hände voll zu tun hat, in der Küche Verantwortung für gleich zwei Häuser trägt. Sie ist der Kreativkopf, der vergleichen kann. Auch die Küche von Tirol mit der von Polen. „Beide sind sehr ähnlich“, sagt Ela. Das Essen sei einfach zubereitet, recht deftig, habe Geschmack. „Meine Mutter“, erzählt die Chefköchin, „hat wie Tiroler Hausfrauen leidenschaftlich gekocht, Sauerkraut, Schlutzkrapfen, Gröstl, hat uns Kinder auch mit Mehlspeisen verwöhnt, mit Buchteln, Krapfen, Moosbeernockerl.“ Vielleicht seien die Zubereitungsarten etwas unterschiedlich, „aber im Grund fühle ich mich in der Tiroler Küche sehr heimisch“.
Chefköchin Ela Michonska kommt aus Polen. Das Buffet in der Kaiserlodge ist reichlich.
„Das bin einfach ich“
Allerdings: Semmelknödel, erinnert sich Ela, seien in Polen nicht bekannt gewesen, „aber nur so lange, bis ich das erste Mal im Urlaub ein Kilo Knödelbrot mitgenommen hab‘!“ Sauerkraut sei ihr Favorit, in Polen Pierogi, Schlutzkrapfen mit Sauerkraut und Pilzen, aber auch Bigos, ein Nationalgericht aus Sauerkraut, Fleisch, Wurst und Pilzen. „Heute mag ich es weniger deftig, abgesehen vom Tiroler Sauerkraut esse ich gern Fisch, Pilze, Gemüse und Kartoffeln.“ Wie sie ihre Art des Kochens, ihre Küche, die sie den Gästen in der Kaiserlodge und im Hotel Kaiser bietet, beschreiben würde? „Mein persönlicher Stil in der Küche ist einfach, ehrlich und bunt, ich hab‘ mir keinen speziellen Stil ausgedacht oder entwickelt, das bin einfach ich!“
Blick in den kleinen Bauernladen der Lodge. Statt Speisekarte gibt es eine rollende Speisetafel.
So nah wie nur möglich
Worauf es ihr bei den Zutaten und bei der Zubereitung von Gerichten vor allem ankommt? „Es liegt mir sehr am Herzen, dass die Grundprodukte qualitativ hochwertig sind und aus der Nähe kommen, so nah wie nur möglich, am liebsten von den Nachbarn und Bauern aus Scheffau und am Wilden Kaiser.“ Die Einfachheit der Zubereitung stehe an erster Stelle. „Der Saibling vom Hintersteiner See muss wie ein Saibling schmecken. Salz und eine Handvoll frische Kräuter aus unserem Garten reichen vollkommen aus.“
Zum Essen in der Kaiserlodge passt natürlich ein guter Kaisertropfen. Das Frühstück ist fertig.
Gesunde, heimische Lebensmittel
Ihr gehe es nicht um Bio, sagt Ela. Die Zertifikate spielten keine allzu große Rolle. „Es geht mir um gesunde, heimische Lebensmittel, die nicht Tausende von Kilometern transportiert werden.“ In Tirol habe man noch das Glück, dass die Tiere auf Weiden grasen, saubere Luft einatmen und Quellwasser trinken. Und wenn es um die Preise gehe, sei man bereit, für wertvolle regionale Produkte „ehrlich zu bezahlen“. Eine Win-Win-Situation nennt Ela das. „Es zahlt sich für uns, unsere Gäste und für den Bauer aus, wenn er die frische Milch, Eier, Käse, Kartoffeln und Obst nur wenige Kilometer zu uns vor die Tür zu liefern braucht!“
Eine reichhaltige Auswahl wird geboten. Kräuter kommen auch aus dem eigenen Garten.
Wenn Erwin Äpfel bringt
Klassische Speisekarten gibt es in der Kaiserlodge nicht, wo gern saisonal gekocht wird. Auf der stattdessen rollenden Schiefertafel finden sich zwar nur wenige, dafür aber rasch wechselnden Gerichte. Wo die Ideen für neue Gerichte herkommen und wie zügig sie sich umsetzen lassen? „Wenn Erwin, unser Haustechniker, eine Kiste Äpfel von seinen Eltern mitbringt, gibt es schnell einen Kaiserschmarrn mit hausgemachtem Apfelmus“, erzählt Ela. „Die Schwester Sylwia und die Mutter von unserer Hotelchefin Barbara Winkler beschenken uns auch gern mit eigenen Zwetschgen und Ribisel-Johannisbeeren, die sich dann rasch in der Vitrine als Kuchen oder auf dem Tisch als Frühstücksmarmelade wiederfinden.“ Dann komme der Nachbar mit frischen Pfifferlingen – und in kurzer Zeit zaubere man eine neue Sorte Tirolls, die gleich auf die Tafel kämen. „So einfach funktioniert das!“
Wer will, kann ebenfalls im Zimmer/Appartement genießen. Zur Küche gehört Leichtes und Deftigeres.
Aus saisonalen Zutaten
Stichwort Tirolls, inzwischen sogar markenrechtlich geschützt: Wie kommt man darauf? Und was verbirgt sich dahinter? „Wir haben nach einem einfachen, leckeren Snack-Gericht gesucht, das einzigartig ist und tirolerisch schmeckt“, erinnert sich Ela: „An einem gemütlichen Abend zu Hause auf der Couch kam der Geistesblitz – und die Tirolls waren geboren!“ Dabei handelt es sich um gefüllte, in Pflanzenöl ausgebackene und mit leckeren hausgemachten Dip-Saucen servierte Teigrollen. Was die verschiedenen Füllungen betrifft, haben Ela und ihr Team damit experimentiert. Sie sind deshalb heute so abwechslungsreich, weil sie je nach Jahreszeit aus saisonalen Zutaten gerollt werden.
Mit Tirols schon gelungen
Wenn sie ein eigenes, besonders auf die Region am Wilden Kaiser zugeschnittenes (Kaiser-)Gericht kreieren müsste: Was wäre das? Und wie würde sie es nennen? „Schon wieder ein neues Gericht“, stöhnt Ela und schmunzelt dabei: „Ich hoffe, mit den Tirolls ist mir und meinem Team genau das gelungen!“
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KoCom/Fotos:Günther Koch/Kaiserlodge
21. Oktober 2018