„Ein Stück Normalität“
Tiroler Hotellerie-Landesvorsitzende zieht Corona-Bilanz / Flexible Branche / Schon gute Sommer-Buchungslage
Von Günther Koch/Life-Magazin
Gott vergelt’s: Tirol atmet vorerst auf. Fotos: Koch/Kaiserlodge/Hotel Kaiser
Scheffau – Corona! Die Zahl aktiver Fälle in Tirol hat zuletzt – Stand Anfang Mai – nur noch bei rund 2800 gelegen, die für die Sieben-Tage-Inzidenz bei 300. Barbara Winkler scheint etwas aufzuatmen, denn: Corona, so die für Tirol zuständige Landesvorsitzende der Österreichischen Hotellerie-Vereinigung sowie Chefin der Kaiserlodge und des Hotels Kaiser in Scheffau am Wilder Kaiser, habe dem Tourismus in dem österreichischen Bundesland seit 2020 doch „sehr zu schaffen“ gemacht. „Durch die Lockdowns hatten wir in Tirol alle unsere Häuser geschlossen, Reisen sind teilweise nicht möglich gewesen und Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben wir leider nicht immer beschäftigen können.“
Barbara Winkler setzt sich für Tirols Hotellerie ein, ist zugleich Kaiserlodge-Gastgeberin.
Große Herausforderung
Winkler erinnert an das Beherbergungsverbot, indem auch in der Kaiserlodge und im Hotel Kaiser keine Gäste übernachten durften. Das bedeutete nach Angaben der Geschäftsführerin beider Häuser nicht nur keine Gäste, die man habe begrüßen dürfen, sondern natürlich ebenfalls keine Umsätze mit Blick auf eine ökonomische Perspektive. „Die größte Herausforderung war dabei, nicht zu wissen, wie lange diese Situation anhält, und den Optimismus zu bewahren.“
Spruch an einer Scheffauer Hausfassade. Dirndl stehen für Tradition.
Von einem Tag auf den anderen
Ob die Verantwortlichen in Innsbruck, der Landeshauptstadt, und in Wien, Österreichs Hauptstadt, im Verlauf der Pandemie richtig entschieden und danach auch gehandelt haben? Man habe, zählt Winkler auf, Unterstützungen wie einen Ersatz für den ausgebliebenen Umsatz erhalten, die Kurzarbeit sei „sehr schnell installiert“ worden. „Ich Nachhinein jedoch“, findet die Hotellerie-Landesvorsitzende und Hotelchefin, „ist es immer einfach zu sagen, was man anders und besser hätte machen können …“ Im Sommer 2021, als man von den Experten gewusst habe, dass im Herbst eine neue Welle auch auf Österreich und Tirol zukommt, habe man es aber „einfach versäumt, uns einen Fahrplan zu geben“. Die Folge: „Von einem auf den anderen Tag war die gesamte Branche wieder zu!“
Auf den Almen gibt’s auch Exoten. Die Tiroler mögen das Beisammensein.
Und alles innerhalb kürzester Zeit
Was Tiroler Hoteliers und Gastronomen alles getan haben, um Schlimmeres, eine Flut von Ansteckungen etwa oder auf Betreiberseite eine Betriebsschließung auf Dauer, zu verhindern? Man habe sich an alle Auflagen und Vorgaben gehalten, betont Winkler, habe Sicherheitskonzepte für Gäste und Mitarbeitende erstellt und alles innerhalb kürzester Zeit umgesetzt. „Ich glaube, dass gerade unsere Branche sehr anpassungsfähig war beziehungsweise ist und sich viele Gedanken gemacht hat, wie man den operativen Betrieb führt, um beispielsweise mögliche Infektionen zu vermeiden."
Tiroler Hüte können sehr unterschiedlich sein. Berge und Seen, das ist Tirol.
Mittlerweile gelernt, damit umzugehen
Im Moment sieht es laut Winkler recht gut aus. Auch die Buchungslage für den Sommer sei sehr erfreulich. Die beiden eigenen Häuser mit unterschiedlichen Konzepten – Appartement- und All-Inclusive-Hotel – verzeichneten derzeit gute Buchungszahlen, so dass man hier im Moment für Sommer von bis zu 70 Prozent Auslastung ausgehe und natürlich hoffe, „unsere Gäste auch diesen Sommer wieder sicher beherbergen zu können beziehungsweise zu dürfen.“ Wie lange sie glaubt, dass die aktuell offenbar doch etwas entspanntere Situation anhält? „Wir treffen Vorbereitungen für Herbst, um für eine mögliche weitere Welle gerüstet zu sein, die dann aber hoffentlich nicht kommt“, glaubt Winkler, dass man mittlerweile gelernt habe, damit umzugehen und zu leben. „Tritt jedoch eine neue gefährliche Mutation auf, wird auch unsere Branche wieder dazu gezwungen sein, sich anzupassen und entsprechend zu reagieren.“
Die Sonne macht vieles angenehmer. Nach Kitzbühel ist es nicht weit.
Besondere Zeit, besondere Zusammenarbeit
Und womit konkret im nächsten Herbst/Winter zu rechnen ist? „Wir hoffen, dass wir ein Stück Normalität erwarten können, es zumindest weitgehend bei dieser Normalität bleibt.“ Weitere Sicherheitsvorkehrungen- beziehungsweise Standards würden in den Hotels „bestimmt beibehalten, um eine potenzielle Verbreitung zu minimieren“. Was man zum Schluss aus solchen Situationen wie Corona für die Zukunft möglicherweise lernen kann? „Schnell zu reagieren und sich auf neue Lebenssituationen einzustellen, dabei stets Optimismus zu bewahren und das Positive im Fokus zu haben“, hebt Winkler nicht zuletzt die durch diese „besondere Zeit“ entstandene Zusammenarbeit zwischen Gästen, Mitarbeitenden und Betrieb hervor, Motto „Was zählt, sind die Menschen“.
Die Region am Wilden Kaiser lebt vom Tourismus. Hotel Kaiser in Scheffau.
Was die Pandemie gezeigt hat
Als neue Tiroler Hotellerie-Landesvorsitzende setzt sich Winkler nicht nur für die „lange versprochene Entlastung des Faktors Arbeit“ ein, sondern seitens der Politik auch für einen „generell stärkeren Fokus auf den Tourismus“, für ein Mitdenken der Regierung bei jeder Entscheidung, wie sich diese auf den Tourismus auswirke. Man brauche „Lösungen, und zwar rasch“, betont Winkler. Corona habe gezeigt, wie wichtig die Branche sei. „Tourismus ist eine Querschnittsdisziplin.“
Info Tirol
Das fast 12 650 Quadratkilometer große und etwas mehr als 760 000 Einwohner zählende Bundesland, drittgrößtes in Österreich, liegt im Westen. Weitere größere Städte nach der Landeshauptstadt Innsbruck sind Kufstein, Hall, Wörgl, Schwaz, Lienz, Imst, Kitzbühel und Landeck. Tirol gilt, etwa vom Karwendel über Kitzbüheler, Lechtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Kaisergebirge, Karnicher, Zillertaler, Stubaier, Ötztaler Alpen, Hohe Tauern und Silvretta bis hin zu den Tuxer Alpen, als Land der Berge dehnt sich 107 Kilometer von Nord nach Süd und 220 Kilometer von West nach Osten aus. Als höchster Punkt erhebt sich mit knapp 3780 Metern der Großglockner im Osten. Der Tourismus ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren im Bundesland. Klimatisch geht es im Grenzbereich zwischen atlantischem, kontinentalem und mediterranem Einfluss eher gemäßigt zu. Das vorherrschende inneralpine Gebirgsklima weist subkontinentale Züge auf. Relativ feuchte Sommer wechseln oft mit einem trockenen Herbst und schneereichen Winter ab.
Info Wilder Kaiser/Scheffau I
Beim Wilden Kaiser in Österreich handelt es sich um einen markanten, etwa 15 Kilometer langen Gebirgsstock im Nordosten von Tirol im Naturraum zwischen Kufstein und Sankt Johann. Höchste Erhebung ist die Ellmauer Halt mit 2344 Metern. Einige der etwa 40 weiteren Gipfel von der Karlsspitze über Predigtstuhl bis zum Kopfkraxen sind berühmte Kletterberge. Direkt an der Loferer Straße von Wörgl über Sankt Johann weiter Richtung Salzburg liegen die vier Kaiserdörfer, neben Söll (3630 Einwohner), Ellmau (2830 Einwohner), dem „Bergdoktor-„Dorf, und Going (1850 Einwohner) auch Scheffau (1450 Einwohner). Die Urlaubsregion ist touristisch stark vermarktet, wobei der Schwerpunkt auf den Sommer und noch immer etwas mehr auf den Winter ausgelegt ist. Als etwas ruhigere Jahreszeiten kommen Frühling oder Herbst infrage. Vielfältigste Aktivitäten sind möglich. Es gibt gleich mehrere Bergerlebniswelten wie das feucht-fröhliche Hexenwasser in Söll, den Abenteuerspielpark Kaiserwelt in Scheffau oder die Zauberwelt in Ellmau.
Info Wilder Kaiser/Scheffau II
Als Einquartierungsmöglichkeit können wir in Scheffau die Kaiserlodge (Vier-Sterne-Superior-Niveau, 65 Zimmer/Suiten/Penthouses/Appartemenets, www.kaiserlodge.at) und das Hotel Hotel Kaiser (Vier Sterne, 60 Zimmer/Suiten, www.hotelkaiser.at) empfehlen. Die Tiroler Küche ist eine eher bodenständig-herzhafte, reicht etwa von Speck, Knödel und Gröstl aus Kartoffeln, Fleisch und Zwiebeln über Marende-Brettljause und Kiachl-Hefeteigfladen mit Sauerkraut oder Marmelade bis hin, natürlich, zum Kaiserschmarrn. Zu regionalen kulinarischen Spezialitäten gehört traditionelle Hausmannskost wie Kaspressknödel oder andere „geschmackige“ Tiroler Schmankerl. Österreich ist neben Bier- vor allem Weinland, auch wenn in Tirol Reben kaum gedeihen. Zur Einkehr unterwegs bietet sich die Hinterschießling Alm an. Information: Tourismusverband Wilder Kaiser, Dorf 35, A-6352 Ellmau, Telefon 0043-(0)-50509, www.wilderkaiser.info.
Service Anreise
Wer mit dem eigenen Wagen anreisen will: Von München sind es über die Autobahn A8 Richtung Salzburg bis zum Inntal-Dreieck und dann weiter auf der A93 über Kufstein bis zur Region am Wilden Kaiser noch etwa 110 Kilometer oder knapp anderthalb Stunden. Landschaftlich schöner wäre es, am Tegernsee oder Schliersee vorbei, durch Fischbachau, Bayerischzell, Oberaudorf oder Kiefersfelden zu fahren, was etwas länger dauert. Kufstein, Wörgl, Kitzbühel und Sankt Johann sind Bahnstationen. Die nächsten Flughäfen in Innsbruck, Salzburg und München liegen über 80 beziehungsweise gut 140 Kilometer entfernt. In Österreich besteht Vignettenpflicht. In Orten darf 50, außerhalb 100, auf Autobahnen Tempo 130 gefahren werden. Die Promillegrenze liegt bei 0,5.
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KoCom/Fotos: Günther Koch/Kaiserlodge/Hotel Kaiser
11. Mai 2022