Zweiter Anlauf
Opel lädt sich neu auf / Anfang mit dem Elektro-Corsa und dem Grandland X als Plug-in-Hybrid
Von Günther Koch/Life-Magazin
Neue Strategie, neuer Stromer: Opel-Chef Lohscheller mit dem neuen Corsa-e. Fotos: Opel
Rüsselsheim – Der Patenmotorwagen „System Lutzmann“ tuckert in die Halle, der 1899 die Autofertigung bei Opel begründet hat. Das ist die Vergangenheit. Und die Zukunft? „Opel wird elektrisch!“ Bis 2024 sollen alle Opel-Baureihen über eine elektrifizierte Variante verfügen, betont Michael Lohscheller, Chef der deutschen Tochtermarke des französischen PSA-Konzerns, zu dem Opel seit 2017 gehört, jetzt bei der Vorstellung der neuen Elektromobilitätsstrategie am Stammsitz in Rüsselsheim. Das Jubiläum 2019 kommt dabei offenbar gerade recht: „Wir feiern nicht nur 120 Jahre Automobilbau, sondern drücken auch bei der Elektrifizierung unserer Modellpalette kräftig aufs Tempo!“
„Nicht zufällig“
Zweiter Anlauf nach dem noch unter General Motors entwickelten, von 2012 bis 2016 gebauten Mittelklasse-Ampera mit verbrennungsmotorischer Reichweitenverlängerung und dem 2017 eingeführten, in Deutschland aber kaum verfügbaren kleinen Ampera-e: Dass der in sechster Generation komplett neue, sportlicher gezeichnete Corsa dabei diesmal den Auftakt macht, ist „nicht zufällig“. Nach fast 40 Jahren und über 13,6 Millionen verkauften Einheiten sei der das „populärste Modell“ der Marke, kündigt Lohscheller dessen Elektrovariante für Frühjahr 2020 und für Anfang 2020 ebenfalls den schon mit den Franzosen konzipierten Grandland-X als Plug-in-Hybrid mit Allrad an.
Vergangenheit trifft Zukunft: Patentmotorwagen 1899, Grandland-X-Hybrid4-Chassis und Corsa-e.
Ab unter 30 000 Euro
Zum Corsa-e: Der Antrieb ist rein batterieelektrisch. Die Leistung liegt bei 136 PS. Die Reichweite gibt Opel nach dem neuen realistischeren Zyklus mit bis zu 330 Kilometern an. In 30 Minuten soll die 50-Kilowattstunden-Batterie per Schnellladung zu 80 Prozent wieder aufgeladen sein, „egal ob Kabellösung für die Haushaltssteckdose, Wallbox oder High-Speed-Charging“. Auf die Batterie gibt es acht Jahre Garantie. Mit drei Fahrstufen – Normal, Eco, Sport – kann man selber Einfluss auf die Reichweite nehmen. Der Kaufpreis beträgt 29 990 Euro, verringert sich noch um die regionalen Zuschüsse für Elektroautos. Hehres Ziel auf dem Weg, den BMW mit dem i3, Nissan mit dem Leaf und Renault mit dem Zoe schon länger beschreiten und auf dem auch VW vorhat, künftig zunächst mit dem ID3 der neuen Elektro-Submarke den Takt vorzugeben: Mit seiner populärsten Baureihe will Opel die Elektromobilität „endgültig von ihrem Nischendasein befreien“.
Der Siebenzoll-Farbtouchscreen ist Standard im Corsa-e-Basismodell. Der Grandland-X-Hybrid4 ...
Assistenzen ohne Aufpreis
Klimaautomatik mit Fernsteuerung, elektrische Parkbremse, schlüsselloses Startsystem, Multimedia, Siebenzoll-Farbtouchscreen und Smartphone-Einbindung sind Standard im Basismodell. Systeme wie Frontkollisionswarner, automatische Gefahrenbremsung, Fußgängererkennung und Spurhaltehilfe soll es ohne Aufpreis geben. Die Ausstattung darüber beginnt bei 30 650 Euro. Zur ab 32 900 Euro teuren First Edition gehören LED-Scheinwerfer, Zweifarblackierung und Digitalcockpit. Leasen kostet monatlich 299 Euro. Mit 4,06 Meter Länge bleibt der Corsa handlich, übersichtlich und praktisch, soll dynamischer und direkter sein. Die Dachlinie verläuft coupéhaft niedriger, laut Opel ohne Einbußen bei der Kopffreiheit. Der Fahrer sitzt tiefer. Der niedrige Schwerpunkt verbessert das Fahrverhalten. Wer will, kann sogar Digitalcockpit und Ledersitze ordern.
... verfügt über elektrifizierten Allradantrieb. Den Ampera-e gibt es weiter in diversen Märkten.
Verbrenner und zwei Elektromotoren
Zum Grandland-X-Plug-in-Hybrid: Bei Opels größtem SUV in der wegen des Allrads offiziell Hybrid4 genannten Variante bringen es ein 1,6-Liter-Turbobenziner und zwei Elektromotoren auf bis 300 PS Systemleistung. Der Verbrauch soll 1,6 Liter betragen. Der Elektromotor vorn überträgt die Kraft per Achtstufen-Automatik auf die Vorderräder, der zweite ist samt Differenzial in der Achse hinten integriert. Der Benziner ist für mittlerer und höhere Geschwindigkeit da, der Elektroantrieb für niedrigeres Tempo. 52 Kilometer Reichweite decken Studien zufolge rund 80 Prozent der durchschnittlichen Fahrstrecken eines Tages ab. Im Hybridmodus fährt der Wagen im jeweils effizientesten Antrieb. In der Stadt wechselt man in den Elektromodus. Der Allradmodus schaltet die elektrifizierte Hinterachse zu. Vierter Modus ist der fürs sportlichere Unterwegssein.
Ab unter 50 000 Euro
Der Hybrid4 gewinnt beim Bremsen und bei Geschwindigkeitsreduzierung erzeugte Energie zurück, wandelt sie in elektrische um, sodass sich die rein elektrische Reichweite laut Opel im Schnitt um bis zu zehn Prozent erhöht. Die unter den Rücksitzen platzierte Batterie ist über den On-Board-Charger mit 3,3, optional 6,6 Kilowatt aufladbar. Die Ladezeit hängt vom verwendeten Ladegerät ab. Bei einer 7,4-Kilowatt-Wallbox soll der Akku in weniger als zwei Stunden wieder vollständig aufgeladen sein. Spezielle Services und Apps werden angeboten. Die umfangreicher ausgestattete Business Edition ist ab 49 940 Euro zu haben, wobei man noch von der neuen Dienstwagenbesteuerung für elektrifizierte Autos profitiert, bei uns 0,5 Prozent vom Neuwagenpreis. Das Leasen hier kostet monatlich 399 Euro. Auf Wunsch gibt's Zweifarblackierung.
Zafira Life, Mokka X, Vivaro
Mit den Franzosen im Rücken dürfte Opel diesmal mehr Erfolg beschieden sein bei dem Versuch, die Marke neu aufzuladen. Was notwendig ist, denn die Rüsselsheimer müssen nicht nur ihrer Konzernmutter liefern. Die nächsten Mitglieder der elektrifizierten Modellfamilie stehen jedenfalls auch schon fest: Es sind dies der neue Zafira Life und bereits 2020 der Nachfolger des kleinen Mokka-X-SUV und als Nutzfahrzeug der Vivaro.
KoCom/Fotos: Opel
4. Juni 2019