Wenn Licht spricht
VW gibt Einblicke in seine neuen Scheinwerfer- und Leuchttechnologien / Kürzere Entwicklung
Von Günther Koch und Rainer Waldinger/Life-Magazin
Licht warnt so schon, aber in Zukunft noch viel spezieller. Fotos: VW
Wolfsburg – Im Licht-Kompetenzzentrum der Technischen Entwicklung von VW in Wolfsburg. Es herrscht striktes Fotografierverbot. Selbst Handys müssen abgeklebt werden. Schließlich geht es um neuartige Scheinwerfer-, Leuchttechnologien, um Ideen der Lichtdesigner, Modelle im Lichttunnel, später bei Dunkelheit aber auch darum, neue Formen des Lichts in der Praxis bei einer Nachtfahrt zu erleben. Und um Kommunikation mit Licht! „Denn das Licht der Zukunft wird kommunizieren können“, sagen die Wolfsburger voraus. Ein Workshop-Bericht.
Zukunft schon Gegenwart
Konzernforscher sind bemüht, mit innovativen Systemen wie ihrem IQ.Light genannten die „Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer“ zu verbessern. Mit ihrem neuen Lichtdemonstrator transferieren sie das Licht der Zukunft in die Gegenwart, testen interaktive Systeme. Das im Touareg mit 256 LED markiert demnach den aktuellen Stand der Volkswagen-Scheinwerfersysteme. Hat das Oberklasse-SUV-Modell etwa die Nachtsichtassistenz an Bord, leuchten LED-Matrixscheinwerfer gefährdete Passanten automatisch kurz an, damit der Fahrer auf sie aufmerksam wird. Mittelfristig soll dieses Licht selbst in der Golf-Klasse die Nacht zum Tag machen und Beispiel dafür sein, Fortschritte wie diese „nie vom Budget der Autofahrer“ abhängig zu machen.
Leuchtsignatur beim Touareg. Gefährdete Passanten werden automatisch kurz angeleuchtet.
Neue Ära intelligenter Systeme
Scheinwerfer mit jeweils 30 000 Pixel ermöglichen die Erprobung künftiger Lichtfunktionen. Solche Hochleistungs-LED-Leuchten leiten nach Einschätzung von Experten absehbar eine „neue Ära intelligenter Scheinwerfersysteme“ ein, könnten dann sogar, so die Annahme, „bezahlbare Alternative der Laserscheinwerfer“ sein.
Bodenprojektionen können beim Einparken helfen. Lichtsysteme sind immer hochauflösender.
Personalisierte Signaturen
Im Touareg, Tiguan, Passat und Golf sorgt eine umschaltende LED-Schlusslicht-Signatur nachts bereits für mehr Sicherheit beim Bremsen. Über personalisierte Signaturen sollen künftig zudem, sobald es die Straßenverkehrsordnung zulasse, Design-, Warn- und andere Hinweismöglichkeiten in LED-Rückleuchten einfließen, um so beispielweise über die Kommunikation von Auto zu Auto gefährliche Situationen wie ein Stauende zu entschärfen. Das Rangieren indes würden neue Assistenzfunktionen wie die mit Mikrolinsen arbeitende optische Parkhilfe einfacher und sicherer machen. „Neue Lichtsysteme“, davon gehen die Forscher bei Volkswagen mit Blick auf dreidimensionale Angaben und Rücklichtfunktionen, die als Hologramme im virtuellen Raum schweben, jedenfalls jetzt schon aus, „werden Hinweise auf die Straße projizieren und Autofahren so leichter und sicherer machen“.
So sehen personalisierbare Signaturen aus - und so verschiedenfarbige Lichthinweise im Türgriff.
Progressivere Einbindung
Für Klaus Bischoff entwickelt sich das Licht der Zukunft zum Kommunikationsmittel. „Es wird“, so Volkswagens Chefdesigner, „mit dem Fahrer und anderen Verkehrsteilnehmern, ganz gleich ob im Auto, mit dem Motorrad, Fahrrad oder als Fußgänger, interagieren und dabei die Sicherheit maßgeblich weiter verbessern.“ Gleichzeitig würden Lichtfunktionen „progressiver als je zuvor“ in das Design der Fahrzeuge eingebunden. Wie interaktive Lichtkonzepte von morgen aussehen könnten, beantworte man ebenfalls mit den ersten Studien einer neuen Generation von Elektroautos, der ID.Familie, betont Bischoff.
Parallel zur Sicherheit
Laut den Forschern verläuft die Evolution des Lichts dabei parallel zur Evolution der Sicherheit. Stichwort etwa assistiert fahrende Autos, die Verkehrsteilnehmer mit neuen Situationen im Alltag konfrontieren, etwa dem dann fehlenden Blickkontakt zum Fahrer: Hier kämen deshalb neue, ebenfalls interagierende Lichtfunktionen ins Spiel mit dem Potenzial, „empathisch mit Menschen zu kommunizieren, so ein Feedback zu liefern und Vertrauen in assistiert fahrende Automobile aufzubauen“. Neue Beleuchtungsumfänge im Exterieur beinhalteten darüber hinaus die Möglichkeit zur Individualisierung des Fahrzeugs, und zwar durch personalisierbare Lichtkompositionen und -szenarien.
Tunnel verkürzt Entwicklung
Seit 2014 ist das Licht-Kompetenzzentrum im Werk Wolfsburg in Betrieb. Für Tests auf einer realen Straßennachbildung steht ein 100 Meter langer, 15 Meter breiter und 5 Meter hoher Lichttunnel zur Verfügung. In dem Zentrum werden Systeme verglichen und bewertet. Auch lässt sich die Lichtwahrnehmung von Autofahrern und Passanten da gut untersuchen. Und es ist möglich, für das Innere eines Wagens Ambientebeleuchtungen, Headup-Displays und Infotainments unter Bedingungen auszuprobieren, die reproduzierbar sind. Zudem verkürzt der Lichttunnel die Entwicklungszeit für neue Scheinwerfer-, Rück- und Lichtsysteme innen, da nicht mehr so viele zeitaufwendige Nachfahrten notwendig und Fortschritte der Lichtentwicklung, an der rund 200 VW-Mitarbeiter beteiligt sind, schneller in Serientechnologien umsetzbar sind.
KoCom/Fotos: VW
19. Oktober 2018