Wann dann?
Volkswagen setzt im Konzern bei Alternativantrieben auch stärker auf Erdgas-Mobilität
Von Günther Koch/Life-Magazin
Einfache Rechnung an Gazprom-Tankstelle: Ein Kilo Erdgas entspricht 1,5 Liter Super. Foto: Koch
Hamburg – Klare Worte: „Wir sind damit nicht zufrieden, wie es bisher gelaufen ist“, sagt Jens Andersen. Und der Beauftragte für Erdgas-Mobilität im Volkswagen-Konzern legt nach: Man müsse mehr kommunizieren, habe das bei Erdgas bislang nicht getan, um dieses Thema voranzubringen: „Wenn nicht jetzt“, so Andersens wohl eher rhetorisch gemeinte Frage, „wann dann?“
Kohlendioxid-Reduzierung wirkt sofort
Hamburg, Hafencity, Shanghai-Allee 7. Im Automuseum Prototyp findet der Erdgas-Mobilitätstag von Volkswagen zusammen mit Energieversorgern statt, Gasnetzanbietern und Betreibern von Erdgas-Tankstellen. Dahinter verbirgt sich laut dem Konzern ein „breites Bündnis für sofort wirksame Kohlendioxid-Reduzierung“. Das will bis 2025 bei uns die Zahl der mit Erdgas betriebenen Fahrzeuge von bislang rund 98 000 auf eine Million verzehnfachen und das entsprechende Tankstellennetz von 900 auf dann 2000 Standorte ausbauen.
Hinzu kommen niedrigere Kraftstoffkosten
Für Volkswagen-Mann Andersen ist das alles eine „bezahlbare Energiewende“. Gerade die Mobilität mit Erdgas, neben konventionellem auch mit Biogas oder mit Ökostrom erzeugtem synthetischen, könne unmittelbar einen „attraktiven Beitrag“ leisten und Elektromobilität nachhaltig ergänzen. Das Klimaschutz-Potenzial von Compressed Natural Gas (CNG) sei zudem ausschlaggebend für den jüngsten Beschluss des Bundestags gewesen, die Steuerbegünstigung von Erdgas bis 2026 zu verlängern, so Andersen. Als Vorteile von alternativem Erdgasantrieb listen dessen Unterstützer geringere Ausstöße des schädlichen Treibhausgases Kohlendioxid auf, dazu niedrigere Kraftstoffkosten bei zuletzt 1,08 Euro pro Kilo, eine längerfristige Versorgungssicherheit und die Aussicht auf eine sich kontinuierlich weiter verbessernde Ökobilanz.
Dann drei von vier Neuwagen immer noch mit Verbrenner
Der Volkswagen-Konzern ist dabei, sich bei den Antrieben neu auszurichten. Wie andere Automobilhersteller gehen die Wolfsburger längst von einem „tiefgreifenden Wandel“ aus, der die Branche in den nächsten Jahren bewegt. Mit ihrer „Together-Strategie 2025“ bereiten sie sich darauf vor. Für sie fährt die Zukunft zwar elektrisch, aber den Weg dorthin würden moderne, immer effizientere Verbrennungsmotoren "noch lange" begleiten. Das Unternehmen selbst rechnet damit, dass 2025 bereits 25 Prozent der Neufahrzeuge seiner Marken über einen Elektroantrieb verfügen. Was im Umkehrschluss freilich ebenfalls bedeutet, dass drei von vier Neuwagen dann immer noch einen Verbrennungsmotor unter der Haube haben.
Antriebsart fristet zu Unrecht oft Nischendasein
Vorgesehen ist das gesamte Antriebsspektrum von konventionell bis elektrisch. Im Bereich der Verbrennungsmotoren soll dabei vor allem die Erdgas-Mobilität eine stärkere Rolle spielen. So treibt der Konzern den Ausbau der Nutzung von Erdgas für Automobile voran, für Pkw genauso wie hoch bis zu Bussen und Lkw. Nach wie vor, räumt Ulrich Eichhorn ein, friste diese Antriebsart in den meisten Ländern jedoch ein Nischendasein. „Angesichts der Vorteile aber“, so der Forschungs- und Entwicklungschef im Konzern, „völlig zu Unrecht.“ Schließlich verbrenne Erdgas sauberer als Benzin und Diesel und sei deshalb ökologisch sinnvoller, was insbesondere für Biogas gelte. Erdgas hat demnach zumindest aus Wolfsburger Sicht das Potenzial, langfristig zu einer „klimaneutralen Energiequelle für individuelle Mobilität“ zu werden.
2017 weitere vier neue Modelle
Folgerichtig baut Volkswagen derweil die bislang aus Audi A3 Sportback, Seat Mii, Seat León, Skoda Citigo, Skoda Octavia sowie VW Up, Golf, Golf Variant, Caddy und Caddy Maxi bestehende Erdgasflotte innerhalb des Konzerns schon fleißig aus. Gerade erst hat die Ingolstädter Premiumtochter Audi im Rahmen ihres jüngsten Verbrennungsmotoren-Techniktags in München als nächste Modelle mit diesem Antrieb A4 Avant g-tron und A5 Sportback g-tron vorgestellt. Und der neue Polo der Kernmarke VW wird wie das Schwestermodell Seat Ibiza ebenfalls noch 2017 erstmals als TGI genannte Erdgasvariante zu haben sein. Mal sehen, ob es dann besser läuft!
KoCom/Fotos: Günther Koch
13. Juni 2017