Der (Elektro-)Erforscher
Ford setzt bei neuem vollelektrischem Explorer auf „möglichst geringe Komplexität“ / Drei Antriebe
Von Günther Koch/Life-Magazin
Der Explorer erfrischt hier nicht zuletzt farblich durch sein arktisches Hellbau. Foto: Koch
Dreieich – Zwei Autos, die im Wasser stehen – das aber jeweils nur bis zum unteren Ansatz der Laufflächen der Reifen reicht. Bei dem einen Modell im freien Schaubecken in Dreieich handelt es sich bei den nationalen Entdecker-Tagen von Ford um den neuen vollelektrischen Explorer. Mit dem ab 42 500 Euro teuren Crossover-SUV treten die Kölner im Umfeld etwa des VW ID4 an, der im Rahmen einer diesbezüglichen Zusammenarbeit zwischen Ford und den Wolfsburgern auf derselben Plattform entstanden ist. Auch der dieser Tage erst präsentierte neue Opel Grandland weist Ähnlichkeiten auf.
Vorerst nur in Europa
SUV mit dem Namen Explorer, englisch für Erforscher/Entdecker, verkauft Ford auf anderen Märkten schon länger, genauer seit 1990. Seit 2019 ist die sechste Generation am Start. Anders beim 2024er-Explorer: Der – 4,46/4,56 Meter lang, 2,06/1,94/1,87 Meter breit, 1,63 Meter hoch, Radstand 2,76 Meter, Leergewicht 1908 bis 2179, Anhängelasten je nach Steigung 1000/1200 oder 1200/1400 Kilo – wird vorerst nur in Europa angeboten. Der Hersteller hat ihn hierzulande markenintern von der Größe her zwischen Puma und Kuga positioniert, also zwischen handlicherer Kompakt- und Mittelklasse. Auch wenn er in den wenigsten Fällen abseits der Straße bewegt werden dürfte: Die Tauglichkeit im Gelände sollen 193/202 Zentimeter Bodenfreiheit samt entsprechender Böschungs- und Rampenwinkel unterstreichen.
Blick auf die Frontpartie mit dem Markenlogo auf dem Vorderwagen.
Großer 14,6-Zoll Touchscreen
Das moderne Flair und, zumal im frischen, arktisch-eisigen Hellblau, durchaus Sympathie verbreitende Modell mutet futuristisch an, wirkt im glatten, stromlinienförmigen Design in der Tat mehr abgerundet und etwas bullig. Die Front ist komplett ohne Kühlergrill gestaltet, weil der nicht mehr benötigt wird. Die Dachlinie verläuft weich wie aus einem Guss bis in den markanten Dachspoiler und das ruhig umfließende Heck darunter hinein. Der ausreichend bequeme, manchem vielleicht etwas arg nüchterne Innenraum ist sauber verarbeitet, der qualitative Eindruck insgesamt recht wertig. Selbst im Fond bietet noch recht ordentlich Platz, wobei der Kofferraum 532/527 bis 1460/1455 Liter fasst. Alles liegt ganz gut im Blick. Lediglich die Sicht nach hinten bleibt etwas eingeschränkt. Der große Tablet-ähnliche und bewegliche 14,6-Zoll-Zentralmonitor mit Geheimfach dahinter dominiert das übersichtliche Cockpit. Die Bedienung ist rasch im Griff. Unter der Mittelkonsole findet sich ein praktischer, frei gestaltbarer 17-Liter-Stauraum für größere Flaschen, Laptop, sogar Ordner.
Drei Antriebe stehen zur Wahl. Blick ins moderne Cockpit mit großem Touchscreen.
Mit 170, 286 und mit 340 PS
Ford hat den fünftürigen Fünfsitzer als Explorer und als Explorer Premium im Programm. Die wichtigsten Daten: Leistung 170, 286, 340 PS. Drehmoment 310, 545, in der Allradversion vorn/hinten 134/545 Newtonmeter. Beschleunigung 5,3 bis 8,7 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Höchstgeschwindigkeit 160, 180 Stundenkilometer Spitze. Ein-Gang-Automatik. Heck-, Allradantrieb. Nutzbare Batteriekapazität 52, 77, 79 Kilowattstunden. Maximale Ladeleistung 135 bis 185 Kilowatt. Reichweite 352 bis 602 Kilometer. Hinzugefügte Reichweite in 10 Minuten mit maximaler Schnellladegeschwindigkeit 130 bis 192 Kilometer. Schnellladen je nach Anschluss 25, 26, 28 Minuten von 10 auf 80 Prozent, an der Wallbox sonst gut dreieinhalb bis fast fünfeinhalb Stunden. Kombinierter Stromverbrauch pro 100 Kilometer 14,5 bis 17,6 Kilowattstunden.
Heck-/Seitenansicht. Der Name ist in der schwarzen Querstrebe gerade noch erkennbar.
Sie können agile Fahrwerke
Auch wenn sportliche Überraschungen ausbleiben, beweisen die Ford-Ingenieure einmal mehr, dass sie agile Fahrwerke können. Diesbezügliche Änderungen im Vergleich zum VW-Schwestermodell sollen jedenfalls vor allem Aufhängung, Dämpfer und Elektronik betreffen. Natürlich ist der Explorer immer noch ein Mittelklasse-SUV, doch beim Unterwegssein mit ihm, merkt man tatsächlich schnell, dass er sich ausgewogen, wie bei Elektroautos üblich leise und außerdem mit minimalen Abroll-, Wank- oder Windgeräuschen fahren lässt. Der vergleichsweise kleine Wendekreis erlaubt, sich flink in der Stadt zu bewegen. Die Lenkung könnte sich etwas weniger indirekt anfühlen. Die Bremsen verzögern standfest. Bloß ein zumindest vollständiges Ein-Pedal-Fahren scheint zu fehlen, sonst wäre die Energierückgewinnung nicht so träge.
Das Gepäckabteil fasst 532/527 bis 1460/1455 Liter. Der Explorer von der Seite.
Zwei Serien, drei Antriebe
Nach Angaben von Christian Weingärtner hat sich Ford bei dem in Köln gebauten, jedoch erst deutlich später als geplant ausgelieferten Explorer um eine „möglichst geringe Komplexität“ bis hin zur Langstrecke bemüht, die „kein Problem“ sei. Dazu gehört auch, dass es laut dem Deutschland-Direktor neben den zwei Serien und den drei Antrieben nur noch ein Fahrassistenzpaket und sieben Optionen vom Panoramadach über die Wärmepumpe bis zu den 21-Zoll-Leichtmetallrädern mit 235/255er-Reifen gibt. Beim Basis-Explorer sind LED-Scheinwerfer, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Multimedia samt großem Touchscreen, vernetzte Navigation, Adaptivtempomat, Rückfahrkamera und 19-Zöller Standard, beim Premium-Explorer Matrix-LED-Scheinwerfer, Premiumpolsterung, Premiumsoundsystem, elektrische Heckklappe und 20-Zöller.
Als nächstes der Capri
Bliebe noch die Frage, was der (Elektro-)Explorer nun erforschen oder neu entdecken soll. Und welcher zweite Ford eigentlich so kanariengelb zusammen mit ihm im Wasser von Dreieich gestanden hat: Als nächster Vollstromer der Kölner steht der ab 44 950 Euro teure Capri schon in den Startlöchern. Dieses Mal allerdings nicht als Sportcoupé wie noch in den Jahren von 1968 bis 1986, sondern als Sport-Crossover-SUV. Datenmäßig (fast) alles wie beim Explorer – nur etwas teurer.
KoCom/Fotos: Günther Koch
9. Oktober 2024