„Vater der Gazelle“
In Abu Dhabi / Von Masdar über Al-Ain zum Jebel Hafeet hinauf / Mit Audi durch das Emirat am Golf
Von Günther Koch/Life-Magazin
Blick vom Jebel Hafeet auf Al Ain. Fotos: Koch
Abu Dhabi/Al Ain – Es ist spät. Dunkelheit hat sich längst über das Emirat gelegt. Im Hotel warten sie schon. Aber von Frankfurt erst nach Amsterdam und dann über Deutschland, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Rumänien, Türkei, Irak und den Persischen Golf 5150 Kilometer weit ins sechseinhalb Stunden entfernte Scheichtum Abu Dhabi, das dauert!
Der frühere Emir, Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan, auf einem Gemälde. In der Ökostadt Masdar City ...
Verstorbener Herrscher
Anfang Dezember 2018. Die offizielle Feier zum 47. Nationalfeiertag steht an. Abu Dhabi, übersetzt „Vater der Gazelle“, würdigt Leben und Leistungen seines 2004 verstorbenen Herrschers, zugleich Gründervater der Vereinigten Arabischen Emirate. Scheichs Zayid bin Sultan Al Nahyan, dessen 100. Geburtstag mit dem Jubiläum zusammen fällt. Überall Bilder von ihm. Überall sein Name. Wir fahren im neuen Audi-e-tron durch das Land, in dem die Ingolstädter nicht ohne Grund ihr erstes, in Serie gebautes Elektroauto vorstellen, auch deshalb, weil sich das SUV, wenn man entsprechend fährt, selbst bei viel Sand ohne Probleme sogar vollelektrisch durch die Wüste bewegen lässt.
... wird auf Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien gesetzt. Auf dem Weg nach Al Ain.
Als Ökostadt konzipiert
Und weil es hier Masdar gibt! Bei der Stadt, im blumigen Arabisch mit der Bedeutung für „Ursprung“ versehen, handelt es sich um ein 2008 begonnenes städtebauliches Projekt in der Nähe des Flughafens. Weil Erdöl- und Erdgasvorräte langsam zur Neige gehen, stellt sich das Emirat mit der möglichst autarken, für bis zu 50 000 Bewohner konzipierten Ökostadt auf die Zeit danach ein, setzt vollständig auf erneuerbare Energien. Teil des Auftrags sei, sagt der mit dafür zuständige Yousef Baselaib, die Nachhaltigkeitsziele Abu Dhabis und der sechs anderen Emiraten zu verwirklichen und so auch die der Vereinten Nationen zu unterstützen. In Masdar, finden jedenfalls die Gäste aus Deutschland, trifft Zukunftsmobilität auf das Leben in den Städten der Zukunft, schadstofffrei, ökologisch und nachhaltig.
Unterwegs beim Fladenbrot-Bäcker. Autos in dem Land müssen wohl meist SUV mit Allrad und offenbar weiß sein.
Weitläufig angelegte Oasenstadt
Von der Küste fahren wir ins Hinterland, vorbei an Orten wie Al Khatim, Al Khazna und Al Salamat auf einer gut ausgebauten Schnellstraße Richtung Westen. Rund 160 Kilometer sind es bis Al Ain an der Grenze zum Oman durch eine Gegend, die kaum besiedelt ist. Der Aufwand, der betrieben wird, um die weitläufig angelegte Oasenstadt auf einer Fläche, die immerhin der von Paris gleichen soll, vor allem gärtnerisch in Schuss zu halten, ist enorm. Wichtige Straßen sind sechsspurig angelegt, jedoch ist das Fahrzeugaufkommen eher überschaubar – und es kommt, bei aller Moderne, gar nicht so selten vor, dass man einen klapprigen Transporter, beladen mit Ziegen, Schafen oder Kamelen vor, sich hat.
Palmen und bizarre Felsformation am Fuß des Jebel Hafeet. Blick auf einen Außenbezirk der Stadt.
Aufgenommen in Welterbe-Liste
Al Ain mit vielen Villen in den Außenbezirken ist keine Stadt wie jede andere! Sie war immer wieder Schauplatz von Kämpfen zwischen den Machthabern der heutigen Gebiete von Abu Dhabi, Saudi-Arabien und Oman. Die Staatsangehörigkeit wechselte nach jedem Krieg. In den 1970er-Jahren ist wenigstens eine halbwegs feste Grenzziehung mit dem Sultanat Oman vereinbart worden. Dass Al Ain, arabisch für „Quelle“, etwas Besonderes ist, hat nicht nur damit zu tun, dass die zusammen mit Buraimi mittlerweile doch rund 700 000 Einwohner zählende Stadt wohl die größte in den Emiraten ohne eigenes Emirat ist. Auch nicht nur damit, dass ihre Kulturstätten in die Welterbe-Liste aufgenommen worden sind. Nein, vor allem stammt Seine Hoheit, Scheich Zayid bin Sultan Al Nahyan, Emir von Abu Dhabi und erster Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate seit der Unabhängigkeit 1971, von hier, genauso wie Chalifa bin Zayid Al Nahyan, der Sohn, der auch die Nachfolge an der Spitze der Emirate angetreten hat.
Im Antilopen-Gehege des Zoos von Al Ain. Der neue Audi-Elektro-SUV e-tron im Gelände.
Teil des omanischen Hajar-Gebirges
Am Rand von Al Ain ragt der Jebel Hafeet bis zu 1300 Meter in die Höhe. Er ist als Teil des omanischen Hajar-Gebirges die einzige Bergregion im Emirat, etwa siebzehn Kilometer lang und vier Kilometer breit. Der Blick von oben über Al Ain ist beeindruckend. Die Straße, die uns zeigen soll, wie der neue Audi Energie zurückgewinnt, um sie in der Batterie fürs weitere Unterwegssein zu speichern, führt fast zwölf Kilometer den vorwiegend aus Sedimentgestein bestehenden Berg hinauf, soll sogar als eine der zehn größten weltweit gelten. An der nördlichen und östlichen Seite sind 371 Gräber aus der Zeit um 3200 bis 2700 vor Christus gefunden worden. Bei Ausgrabungen entdeckte Tonwaren, Steinperlen und Kupferstücke stammen vielleicht aus Mesopotamien, dem Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, wohin es Handelsbeziehungen gegeben haben könnte. Aus massiven Haufen ungemauerter Steine bestehende Rundgräber aus der Zeit um 3000 vor Christus türmen sich am Osthang um eine schlüsselförmige Kammer.
Ein seltener weißer Tiger im Zoo von Al Ain. Die Wüste lebt: Der einzelne Baum in den Dünen ist der Beweis dafür.
Darunter seltene arabische Tiere
Eigentlich ist der von einem Höhlensystem durchzogene Jebel Hafeet ein beliebtes Touristenziel, auch wenn wir an diesem Mittag wohl die einzigen Besucher sind. Schlangen, Füchse, Fledermäuse und andere Tiere haben hier ihren Lebensraum. Am Fuß sprudeln, umgeben von wüstenartigem Land, im Park Green Mubazzarrah natürliche Thermalquellen, fließen zu einem See zusammen. Nicht weit von hier soll reges Treiben auf dem angeblich einzigen Kamelmarkt im Land herrschen. Und wenn wir schon bei Tieren sind: Der Zoo von Al Ain beherbergt auf 400 Hektar Fläche in geräumigen Gehegen heimische und exotische Arten wie Nashörner, Nilpferde, Löwen, Tiger, sogar weiße, dazu Leoparden, darunter den seltenen arabischen, Mähnenspringer oder arabische Oryxantilopen. Das nachhaltig gebaute Multimedia-Ausstellungsgebäude verfügt über verschiedene interaktive Galerien, die sich mit Abu Dhabis Wüste, dem Land und dem Leben der Menschen in einer nicht immer wirtlichen Gegend beschäftigen. Die einen Blick in die Zukunft werfen. Und natürlich ihn ehren, den, der in Al Ain geboren worden ist: Seine Hoheit, der Scheich.
Kamele, Dromedare gehören zu den Wüstengebieten auch am Golf. Luxus pur: Das Hotel Emirates Palace ...
Info Abu Dhabi I
Abu Dhabi, offiziell fast drei Millionen Einwohner, Fläche knapp 67 500 Quadratkilometer, ist das größte der sieben Vereinigten Arabischen Emirate. Die anderen Scheichtümer sind Ajman, Dubai, Fudschaira, Ra‘s al-Chaima, Schardscha und Umm al-Qauqain. Sie liegen im Osten der Arabischen Halbinsel am Persischen Golf. Als Stadt ist Abu Dhabi zugleich Hauptstadt der Föderation. Der Tourismus spielt in der Region eine immer größere Rolle. Was Abu Dhabi betrifft, sind riesige Investitionen zuletzt in Projekte wie Louvre Abu Dhabi und Guggenheim-Museum Abu Dhabi geflossen. Von Deutschland aus dauert der Flug rund sechs Stunden. Nationale Airline ist Etihad. Zur Einreise reicht der Pass. Der Zeitunterschied beträgt plus zwei Stunden. Landessprache ist Arabisch, in größeren Zentren könnte Englisch weiterhelfen. Das Klima ist subtropisch-trocken; die Sommer sind heiß mit Temperaturen bis über 40 Grad. Zum Reisen angenehmer sind November bis April. Auch wenn wie in Dubai oft lockerer damit umgegangen wird: Der Islam ist Staatsreligion; auf Sitten und Gebräuche sollte besonders geachtet werden.
... mit verschwenderischer Pracht auch innen. Die Scheich-Zayid-Moschee ist die größte in den Emiraten.
Info Abu Dhabi II
Wir waren unter anderem im Jumeirah (fünf Sterne, 382 Zimmer/Suiten, luxuriöse Einrichtung, Hochhaus-/Geschäftshotel in den Etihad Towers, www.jumeirah.com) untergebracht. Die arabische Küche ist eine von Gewürzen wie Kardamom bis Koriander geprägte. Als Fleisch gibt’s in der Regel Lamm und Huhn, selten vom Rind, nie vom Schwein. Grundnahrungsmittel ist Reis. Die Auswahl an Fischen und Meeresfrüchten ist groß. Die Spezialitäten reichen etwa von gefüllten Weinblättern über in Essig und Knoblauch eingelegtes Gemüse, gekochte dicke Bohnen in Tomatensauce, traditionelle arabische Linsensuppe und dünn geschnittene Fleischspieße bis hin zu Mandeldessert. Warmes Fladenbrot dient als Löffelersatz. Getrunken werden meist süßer Tee und ungesüßter Kaffee. Alkohol wird wie in islamischen Ländern üblich nur in Hotels sowie entsprechend lizensierten Restaurants und Clubs ausgeschenkt. Information: Abu Dhabi Department of Culture & Tourism, Deutschland-Büro, Bavariaring 38, 80336 München, Telefon 089-689063866, www.visitabudhabi.ae/de.
Lobby in den Etihad Towers. Der aktuelle Emir, Scheich Chalifa bin Zayid Al Nahyan, ebenfalls auf einem Gemälde.
Service Auto
Ein gut ausgebautes, nahezu vollständig beleuchtetes und von Dattelpalmen und Sträuchern begrüntes Autobahn- und Straßennetz verbindet Abu Dhabi mit den wichtigsten Städten in der Region sowie dem Gebiet der Liwa-Oasen am nördlichen Rand der Wüste Rub al-Chali. Westlich führt eine Autobahn durch Saudi-Arabien bis in die Hauptstadt von Katar, nach Doha. Die Stadt Abu Dhabi liegt auf einer Insel, die Straßen verlaufen schachbrettartig gerade, verschiedene Brücken verbinden sie mit dem Festland. Eine fast acht Kilometer lange Küstenstraße, die Corniche, mit großzügige Flanierwegen sowie Spiel-, Grünanlagen und Gastronomie begrenzt das Siedlungsgebiet. In Orten ist 60, auf Landstraßen 80, auf Autobahnen Tempo 120 erlaubt. Alkohol beim Fahren ist strengstens verboten. Der internationale Flughafen befindet sich etwa 30 Kilometer außerhalb der Stadt an der Hauptautobahn ins etwa 125 Kilometer entfernte Dubai. Die Reise in Abu Dhabi fand im neuen vollelektrischen Audi-e-tron-SUV statt, der mittlerweile aktuell ab 69 900 Euro bei den Händlern steht.
KoCom/Fotos: Günther Koch
28. August 2019