Beim Hahnei-Huaba
Deutschland ist schön: Im Rupertiwinkel nahe Salzburg spielt aber auch der Glaube eine wichtige Rolle
Von Günther Koch/Life-Magazin
Der Rupertiwinkel scheint schon früher eine gläubige Region gewesen zu sein: Bild im Ainringer Hotel Schaider. Foto: Koch
Ainring – Es geht Schlag auf Schlag! Wohl in kaum einem anderen Bundesland wechseln sich die Hinweise auf touristische Orte und Regionen am Wegrand teilweise im Minuten- oder sogar Sekundentakt so schnell ab wie in Bayern. Beispiel Autobahn A8 München-Salzburg: Erst Tegernsee, Schliersee, Rosenheim, Samerberg-Hochries, Kampenwand, Schloss Hohenaschau, Chiemsee, Chiemgau, Reit im Winkl, Jod-Thermalsolequelle Bad Endorf, Bauernhausmuseum Amerang, Schloss Herrenchiemsee, Achental, Hochfelln, Bergener Moos, Traunstein und dann, nahe Salzburg kurz vor der Grenze zu Österreich an der Abfahrt Bad Reichenhall, Berchtesgaden, Freilassing und Piding, der – Rupertiwinkel!
Im Südosten Bayerns
Ja, in dieser Kulturlandschaft im Südosten Bayerns, die einem Winkel gleicht, scheint die Welt noch weitgehend in Ordnung. Sanfte Hügel. Bäuerliche Lebensart. Uralte Kultur. In den Orten geht es beschaulich zu. Die Kirche ist meist noch im Dorf geblieben. Brauchtum wird gepflegt. Der Trubel rauscht einfach auf der Autobahn vorbei.
Nach Salzburg nicht weit
In Ainring quartieren wir uns bei Christian Schaider ein. Hotelbetreiber wie er haben in dieser Gegend direkt an der Grenze eigentlich das ganze Jahr über ganz gut zu tun. Es sind vor allem Wanderer, die kommen, erzählt Mutter Schaider, Radfahrer, ganze Reisegruppen, Geschäftsleute, die einen Termin im vielleicht fünfzehn Minuten entfernten Salzburg haben, Touristen, die sich einfach nur die Mozart-Stadt anschauen, aber nicht die viel teureren Salzburger Zimmerpreise bezahlen wollen.
Heiliger ist Namensgeber
Beim Hahnei-Huaba der Familie Petzak, nur 100 Meter oberhalb vom Hotel, hören wir bei einer Abendbrotzeit mit Weißbier einer Stammtischrunde zu, wie die älteren Herren im Trachtenjanker auch über ihre Heimat, das lange zu Österreich gehörende Land vor den Bergen, philosophieren und aufzählen, was man über diese Ecke im Südosten Bayerns wissen sollte. Zum Beispiel, dass der Heilige Rupertus, Apostel der Bayern und erster Bischof von Salzburg, ihr den Namen gegeben hat. Oder dass der Högl nahe Anger mit knapp unter 830 Metern die höchste und markanteste Erhebung in der Gegend ist.
Drei Seen und ein Kloster
Der Rupertiwinkel breitet sich um Waginger, Tachinger und Abtsdorfer See herum aus. In Anger steht ein barockes Kloster. In Freilassing kommen Eisenbahnfreunde im Museum auf ihre Kosten. Laufen ist als historische Salzachstadt bekannt. Im benachbarten Oberndorf steht die „Stille Nacht“-Kapelle. Piding gilt als Tor zu den Berchtesgadener Alpen. In Surheim sollte man sich das rhythmische Aperschnalzen mit den langen Peitschen zum Austreiben des Winters nicht entgehen lassen.
Durchs Berchtesgadener Land
Die Teisendorfer haben die Fassaden ihrer Häuser liebevoll restauriert. Von der Stoißer-Alm hat man einen schönen Blick auf Salzburg und die Berge, vor allem die Chiemgauer Alpen mit dem über 1960 Meter hohen Sonntagshorn. Der Leonhardiritt hier findet wie jetzt wieder immer am Pfingstmontag statt. Vom Federkielsticker bis zum Geigenbogenmacher hat sich im Rupertiwinkel zudem noch alte Handwerkskunst erhalten. Und wer gut zu Fuß ist: Vom Chiemsee kann man inzwischen in 18 Etappen über 230 Kilometer auf dem SalzAlpenSteig durchs Berchtesgadener Land zum Königssee und weiter sogar bis Obertraum am Hallstätter See wandern.
Info Rupertiwinkel
Lange gehörte der Rupertiwinkel südlich des Chiemsees im Norden des Berchtesgadener Landes im Dreieck westlich von Saalach und Salzach zu Salzburg, bis es 1810 dem Königreich Bayern zugesprochen worden ist. Mit seinem voralpinen Charakter und den Bergen immer im Blick lässt er sich gut erwandern oder mit dem Rad erkunden. In Ainring können wir das Hotel Schaider (drei Sterne, 46 Zimmer, einfacher Landhaus-Stil, familiär geführt, www.schaider.de), als Wirtshaus den Hahnei-Huaba (urige Stüberl, gemütliche Kachelofenbank, lauschiger Biergarten, kulinarische bayerische Schmankerl, bayerisches Bier, www.hahnei-huaba.com) empfehlen. Information: Verein Rupertiwinkel, Petersplatz 2, 83451 Piding, Telefon 08651-3860, www.bgl-rupertiwinkel.de.
Service Auto
Von München zum Rupertiwinkel sind es über die Autobahn A8 in Richtung Salzburg bis Ainring gut 130 Kilometer. Wer über Freilassing zu einem Besuch in die Mozart-Stadt will, braucht dafür bloß 13 Kilometer einzukalkulieren. Und was weitere Ausflüge von Ainring aus betrifft, gelten mehr oder weniger kurze Wege: Anger im alpinen Biosphärenreservat mit seinem Kloster ist in 10, Teisendorf mit seinen schön restaurierten Häusern in 15, Laufen und Oberndorf mit der „Stille Nacht“-Kapelle in 20 und Waging am See in 25 Kilometern erreicht. Bis Berchtesgaden zu Watzmann und Königsee sind es über die A8/A10 bis Grödig und dann über Landstraße weiter an Markt Schellenberg vorbei 35 Kilometer. Salzburg ist Bahnstation und der nächstgrößere Flughafen befindet sich dort.
KoCom/Fotos: Günther Koch
6. Mai 2018