Mit Glanz und Gloria
Deutschland ist schön: Havelland (V) / Besuch in Preußenmetropole Potsdam / Filmreife Kulisse
Von Günther Koch/Life-Magazin
Das neue Palais ist Potsdams größtes Schloss. Foto: Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH
Potsdam – Es war offenbar auch in Potsdam, der Garnison und ehemaligen Residenz der preußischen Könige, nicht immer alles Gold, was glänzt. So soll der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt (1769-1859) einmal im Zusammenhang mit der hohen Militärpräsenz vor Ort geklagt haben, Potsdam sei eine „öde Kasernenstadt“. Oder der österreichische Komponist Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), von dem überliefert ist, dass er seinem „lieben Weibchen“ mit Blick auf den „teuren Ort“ einst schrieb: „So musst Du Dich bei meiner Rückkehr schon mehr auf mich freuen als das Geld“.
Viele Gewässer
Potsdam! Wer wie wir für eine „Deutschland ist schön“-Serie im Havelland unterwegs ist, kommt auch an Potsdam nicht vorbei. Kein Wunder, das Havelland liegt westlich quasi unmittelbar vor den Toren der Stadt am Mittellauf der Havel. Von der Blütenstadt Werder sind es vielleicht zehn Kilometer bis ins Zentrum. Allein in Potsdam finden sich angeblich über 20 Gewässer wie Heiligen-, Arado-, Templin-, Tiefen- und Griebnitzsee in der Stadt selbst sowie Sacrow-, Lehnitz-, Glienicke-, Fahrlander- und Weißensee in den eher ländlichen Außenbereichen.
Geschichte geschrieben
Ja, wir schauen uns fast überall um. Natürlich im Park Sanssouci, dem wohl bekanntesten in der gesamten Mark Brandenburg, geprägt auch vom Alten Fritz, Friedrich dem Großen (1712-1786). Der Neue Garten im Norden ist eher nach dem Zeitgeschmack englischer Vorbilder konzipiert, hebt sich „bewusst von den überholten Formen des barocken Zier-und Nutzgartens Sanssouci“ ab, lesen wir in einem Führer. Im zum Neuen Garten gehörenden Schloss Cecilienhof ist nach dem Zweiten Weltkrieg Geschichte geschrieben worden, als die drei damaligen Hauptalliierten USA, Großbritannien und Sowjetunion bei der Potsdamer Konferenz 1945 auf höchster Ebene über das weitere Vorgehen berieten.
Wahrzeichen Sanssouci
Rund 25 Schlösser gibt es in und um Potsdam, darunter Sanssouci, zugleich Wahrzeichen der Stadt, das Neue Palais als das größte, das Belvedere auf dem Pfingstberg und gleich zwei im Park Babelsberg. Unter den Kirchen ragt die russisch-orthodoxe architektonisch besonders heraus. Beim Holländischen Viertel handelt es sich um ein schmuckes Quartier mit roten Backsteinhäusern und grauem Straßenpflaster. Über die Glienicker Brücke haben Ost und West im Kalten Krieg Agenten ausgetauscht. Der Kaiserbahnhof muss früher seinem Namen alle Ehre gemacht haben. Nach dem berühmten Physiker und Nobelpreisträger ist der Einsteinturm benannt. An Museen mangelt es genauso wenig wie an mondänen historischen und modernen Villen von Prominenten.
Wieder der Alte Fritz
Und dann steht da nicht nur am Pariser Platz in Berlin, sondern auch am Luisenplatz in Potsdam ein Brandenburger Tor. Der Alte Fritz hat es im Stil eines römischen Triumphbogens ähnlich dem Konstantinbogen in Rom nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) bauen lassen, in dem sich Europas Großmächte bekämpften, Preußen damals mit Briten und Kurhannoveranern zusammen gegen die Habsburger, Frankreich, Russland und das Heilige Römische Reich.
Preußisches Disneyland
Potsdam ist voll von Historie. Mitunter hat man das Gefühl, in ein riesiges preußisches Disneyland geraten zu sein – mit Glanz und Gloria, ohne das es auch in Babelsberg, Potsdams größtem Stadtteil, nicht geht. Hier hat das älteste Großatelier-Filmstudio der Welt seinen Sitz. Es ist 1912 gegründet worden, gilt als das nach wie vor größte in Europa.
Berühmte Filme von Metropolis …
In Potsdam und Berlin sind Filme wie Metropolis, Der blaue Engel oder auch Sonnenallee entstanden. Zu den jüngeren Produktionen gehören Bourne Ultimatum, Operation Walküre, Inglourious Basterds, Ghostwriter, Monuments Men oder Grand Hotel Budapest. Regisseure wie Alfred Hitchcock, Fritz Lang, Billy Wilder, Josef von Sternberg oder Steven Spielberg hat es ins Brandenburgische verschlagen. Stars wie Asta Nielsen, Marlene Dietrich, Greta Garbo, Zarah Leander, Lilian Harvey, Marika Rökk, Friedrich Murnau, Ernst Lubitsch, Heinz Rühmann, Johannes Heesters oder Heinrich George standen hier vor der Kamera.
… bis zur Geschichte vom kleinen Muck
Die Nationalsozialisten haben in Babelsberg Propagandafilme wie Jud Süß drehen lassen. Draußen, an einer großen Hallen auf dem Gelände, zeigt ein riesiges Plakat, was zu DDR-Zeiten in den heimischen Studios Märchenhaftes erzählt worden ist: Die Geschichte vom kleinen Muck.
Schon immer was Besonderes
Besonders war Potsdam eigentlich schon immer. So gibt es nicht nur mehrere Obelisken, Pyramiden und Sphinxe in der Stadt. Nach einer entsprechenden Übersicht im Internet ist bei Bauarbeiten im Volkspark zudem ein offenbar von der Roten Armee vor ihrem Abzug vergrabener, zwei Meter hoher Lenin-Kopf gefunden worden. Die Ehrenbürgerurkunde für Preußens Generalgartendirektor Peter Joseph Lenné (1789-1866) soll von den Behörden falsch auf Peter Paul Lenné ausgestellt gewesen sein.
„Es muß ein paradeys werden“
Nicht zu vergessen noch diese Einschätzungen über die Stadt: „Daz gantze eyland muß ein paradeys werden“, befand der niederländische Feldmarschall und kurfürstliche Berater Moritz von Nassau (1604-1679). Oder der französische Philosoph und Schriftsteller Voltaire (1694-1778), dem zugeschrieben wird: „Athen und Sparta, Feldlager und Garten Epikurs, Trompeten und Violinen, Krieg und Philosophie“. Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt. Auch in Potsdam nicht.
Info Potsdam
Die rund 170 000 Einwohner zählende Hauptstadt Brandenburg grenzt südwestlich an Berlin, ist als Residenz der Preußenkönige sowie für ihre Schlösser, Parks und Gärten bekannt. Ihre Kulturlandschaften stellen das größte Ensemble der bisherigen deutschen Weltkulturerbe-Stätten dar. Im zu Potsdam gehörenden Babelsberg haben die berühmten Filmstudios ihren Sitz. Wir waren bei unserer Havelland-Reise im Resort Schwielowsee (Vier-Sterne-Superior-Anlage, 156 Suiten-, Zimmer-, Apartment- und Pfahlhaus-Einheiten, www.resort-schwielowsee.de) untergebracht. Information: Potsdam Marketing und Service GmbH, Humboldtstraße 1-2, 14467 Potsdam, Telefon 0331-27558899, www. potsdamtourismus.de, oder Tourismusverband Havelland, Schloss Ribbeck, Theodor-Fontane-Straße 10, 14641 Nauen/Ortsteil Ribbeck, Telefon 033237-859030, www. havelland-tourismus.de.
Service Auto
Ins Havelland reist man mit dem Auto am besten über die Autobahnen A2 Hannover-Berlin, A9 Nürnberg-Berlin oder A24 Hamburg-Berlin an. Potsdam ist im Westen und Süden durch den Berliner Ring der A10 mit dem Dreieck Potsdam und im Osten durch die A115, in Berlin auch als Avus bekannt, sehr gut ans Autobahnnetz angebunden. Gleich mehrere Bundesstraßen verlaufen zudem durch das Stadtgebiet. Potsdam liegt an der deutsch-niederländischen Oranierroute. Die Nuthe-Schnellstraße erschließt das südliche Berliner Umland Richtung Treptow-Köpenick. Die nächsten Flughafen sind Tegel und Schönefeld in Berlin. Mit dem Boot oder Schiff gelangt man auf dem Wasserweg von Elbe, Oder und Spree in die Potsdamer und Brandenburger Havelseen oder in die Flusslandschaft der unteren Havelniederung.
Havelland-Serie
Lesen Sie im Rahmen unserer „Deutschland ist schön“-Serie über das Havelland ebenfalls im Reiseteil dieses Life-Magazins in den anderen Teilen noch über die Gegend rund um die Blütenstadt Werder, über das Resort Schwielowsee als Übernachtungsmöglichkeit, über die Küche der Region und den Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, in dessen Garten einst ein Birnbaum stand. Nach diesem Potsdam-Besuch schließen wir mit einem Ausflug in das etwas andere Berlin unsere Artikelfolge ab.
KoCom/Fotos: Potsdam Marketing und Service GmbH/Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH
17. August 2016