Donnerstag, 21. November 2024

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GALERIA REISE Auf Teneriffa. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE Auf Madeira. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE In Siena, Stadt der Contraden. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE In Florenz, Stadt der Kunst. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE (Fast) alles Chianti in der Toskana. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Im Agriturismo Poggio alle Lame. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Alte Zeiten im Hessenpark. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Bei den Ostfriesen in Greetsiel. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Boots-Idylle Im Oste-Land. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Am Golf von Neapel. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE In Astrid Lindgrens Südschweden. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Die pfälzische Weinstraße entlang. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE In der Bretagne. Foto: Michael-Müller-Verlag
GALERIA REISE Im Freilichtmuseum Bad Sobernheim. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE In den schottischen Highlands. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Auf der istrischen Halbinsel. Foto: Rainer Waldinger
GALERIA REISE Vom Comer See in die deutsche Provinz. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Wetter zwischen Burgwald und Wollenberg. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Heimat Hunsrück. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Frauen in Marburgs Stadtgeschichte. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE Am Point Alpha in der Rhön. Foto: Günther Koch
GALERIA REISE An der Mosel entlang. Foto: Günther Koch

Gute Reise!

"Eine Dame lebt in Venedig, / die ist mit achtzig noch ledig. / Sie beklagt sich nicht, / sie lächelt und spricht: / „Vielleicht war das Schicksal mir gnädig.“

Die Limericks, die Sie an dieser Stelle immer lesen, stammen alle von Ole Haldrup. Sein „Buch der Limericks“ (2003), dazu „Lirum, Larum, Limerick“ (2004) und „Das Geheimnis der fünften Zeile" (2007) sind zu beziehen über: Nereus-Verlag, Susanne Happle, Johann-von-Werth-Straße 6, 79100 Freiburg, Telefon 0761-403802, nereus-verlag @gmx.de. (gk)

Kiez und Currywurst

Deutschland ist schön: Havelland (VI) / Ausflug ins etwas andere Berlin beschließt diese Serie

Von Günther Koch/Life-Magazin

Längst überschrieben: Sozialistisches Bruderkuss-Mauergraffiti an Berlins East Side Gallery. Foto: Koch

Berlin. – Stimmt! Diese Stadt ist anders. Fast überall. Und wer das echte Berlin entdecken will, der sollte den Kiez besuchen, der schon immer auch einen Platz für Alltagshelden und für Originale bot. Für „Milljöh“-Zeichner Heinrich Zille etwa oder für den Hauptmann von Köpenick. „Im Kiez“, sagen die Berliner, „da findet doch wohl jeder seene Nische, wa?“

Aus dem Wasser aufgebaut

Bei unserer „Deutschland ist schön“-Serie über das Havelland machen wir auch einen Ausflug nach Berlin, diesmal allerdings ohne Reichstag und Brandenburger Tor. Vielleicht 40 Kilometer sind es bis ins Zentrum, eine gute halbe Stunde, wenn die Autobahnen und die Straßen in der Innenstadt nicht wieder so vollgestopft sind. Unser Begleiter, ein Kenner der Hauptstadt der Deutschen, erzählt, dass die Berliner vor rund 300 Jahren die ersten Kanäle angelegt hätten, um den sumpfigen Grund zu entwässern. Im Grunde, sagt er, sei Berlin sogar zu einem großen Teil auch aus dem Wasser heraus entstanden: „Denken Sie nur an die ganzen Baumaterialien, Versorgungsgüter und Lebensmittel, die ebenfalls per Boot, Kahn oder Schiff hierher gebracht worden sind“.

Gustavs Protest gegen automobile Konkurrenz

Wir stehen an Berlins wohl bekanntestem Kanal, dem Landwehrkanal, an dem entlang die alte Stadtgrenze verlief. Am Schöneberger Ufer, gleich gegenüber vom Potsdamer Platz, hat der „Eiserne Gustav“ sein Denkmal. Es ist dem Berliner Droschkenkutscher Gustav Hartmann gewidmet, der im April 1928 mit seinem Pferdegespann nach Paris aufbrach, um gegen automobile Konkurrenz zu protestieren.

Tempelhofer Feld als Paradeplatz für kaiserliche Truppen

Vom alten Reichsbahngebäude im Ostteil ist während der Teilung die S-Bahn betrieben worden, die auch im Westen fuhr. Doch aus Protest gegen Ostberlin boykottierten viele Westberliner sie. Über dem Dach des Neubaus des Deutschen Technikmuseums in der Nähe schwebt einer jener Rosinenbomber, mit denen während der Berlin-Blockade 1948 die notleidende Bevölkerung per Luftbrücke versorgt worden ist. Der damalige Landeplatz, der Flughafen Tempelhof, ist längst geschlossen. Auf dem Tempelhofer Feld hat Kaiser Wilhelm II. die Truppenparaden abgenommen – stets zu Pferd. Weil sein rechter Arm verkrüppelt war, musste er zum Aufsteigen immer einen Findling nutzen, nach dem auch das Restaurant in der Nachbarschaft benannt ist: „Zum Kaiserstein“.

Aus Langeweile Gewürze und Tomatenmark zusammengerührt

Eine der mutmaßlich besten Currywürste der Stadt könnte es auf dem Mehringdamm geben: „Curry 36“ hat täglich 22 Stunden offen. Erfunden haben soll die Berliner Spezialität übrigens kurz nach dem Krieg Herta Heuwer, von der überliefert ist: „Es goss kleene Kinderköppe, keen Mensch war an meiner Bude. Aus Langeweile rührte ich Gewürze mit Tomatenmark zusammen. Und es schmeckte herrlich.“

Am Hang des Kreuzbergs sogar Weinanbau betrieben

Lange galt Kreuzberg als typisch Berliner Kiez – samt Hausbesetzer-Szene und Dauerdemos. Der Stadtbezirk war mit dem Bau der Mauer zur Randlage geworden, Kreuzberg zum Magneten für Leute mit wenig Geld – vor allem Studenten und (Lebens-)Künstler. Ein alternativer Mix entstand. Punks und Hausbesetzer prägten in den 1980er-Jahren das wilde Image. Benannt ist der Stadtteil nach dem 66 Meter hohen Kreuzberg. Bis ins 18. Jahrhundert hinein ist am Kreuzberghang sogar Weinbau betrieben worden. Diese Tradition pflegt man bis heute im 1888 angelegten Viktoriapark, freilich nur noch im kleineren Stil.

In der Hasenheide jagte der Große Kurfürst den Langohren hinterher

Trödler, kleine Gemüsehändler und Second-Hand-Läden haben Kreuzbergs Süden geprägt. Doch das Bild hat sich allmählich gewandelt. Das Viertel ist schicker geworden. An der Hasenheide grenzt Kreuzberg an Neukölln, einen Stadtteil mit vielen sozialen Problemen. Der Volkspark Hasenheide verdankt seinen Namen übrigens einem Hasengehege, das der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg einzäunen ließ, um die Langohren zu jagen. Der 50 Hektar große Park ist Neuköllns größte Grünanlage. Am Nordeingang erinnert ein Denkmal an Turnvater Friedrich Ludwig Jahn, der in der Hasenheide Deutschlands ersten Turnplatz eröffnete.

Die Szene tummelte sich jenseits vom Kottbusser Tor

Im Kanal am Maybach-Ufer, wo am Wochenende Markt stattfindet, dümpeln Restaurantschiffe. Jenseits vom Kottbusser Tor tummelte sich zu Westberliner Zeiten die Szene in Galerien, Clubs und Kneipen. Demo und Randale gehörten in den 1980er-Jahren auch hier zum Alltag.  Berüchtigt sind heute noch die Krawalle am 1. Mai. An der Oranienstraße existierte zuletzt nach wie vor Kreuzbergs legendärer Punkrock-Klub SO 36, benannt nach dem alten Berliner Postzustellbezirk Südost 36.

Nachbarn lösten „Frittenalarm“ aus für Fastfood-freie Zone

Zentraler Treff im Kiez ist der Heinrichplatz, wo das Hanfhaus legal Produkte aus Hanf verkauft: Lebensmittel, Textilien, Kosmetik. An der Skalitzer Straße öffnete 2007 der erste McDonald’ s in Kreuzberg – unter großem Protest.  Um die Fastfood-freie Zone zu erhalten, ist damals eine eigene Nachbarschaftsinitiative gegründet worden, Motto „Frittenalarm im Kiez.“ Das Viertel am Schlesischen Tor boomt: Nachts pulsiert hier das Leben, viele Restaurants und angesagte Clubs haben eröffnet.

Wasserschlacht zwischen Kreuzbergern und Friedrichshainern

In jedem Sommer kommt es auf der Oberbaumbrücke zu einer offiziell als Demonstration angemeldeten parodistischen Wasserschlacht zwischen Bewohnern zweier nunmehr fusionierten Bezirke: Kreuzberger und Friedrichshainer bewerfen sich dabei mit fauligem Obst und Gemüse; als „Waffen“ kommen Eierkatapulte, Wasserballons und Schaumstoffschläger zum Einsatz. Entlang der Spree haben sich Medienfirmen angesiedelt. Am Ufer sind Strandbars aufgeschüttet.

Schon das älteste Stadtsiegel aus dem Jahr 1280 zeigt zwei Bären

Der Ostbahnhof ist Ostberlins alter Hauptbahnhof. Das Märkische Museum im Bezirk Mitte dokumentiert die Stadtgeschichte Berlins. Nebenan beherbergt der Bärenzwinger am Köllnischen Park das Symboltier der Stadt: Das älteste Stadtsiegel, das zwei stehende Bären zeigt, stammt von 1280; der Legende nach lebten unweit des heutigen Bärenzwingers im sumpfigen Siedlungsgebiet einmal Braunbären. Wir sind im alten Fischerviertel zwischen Wallstraße und Spreeufer. Einst prägten, untypisch für Berlin, altdeutsche Fachwerkhäuser das Bild, Flussarme ragten in die Insel. Diese Idylle aber gibt es nicht mehr.

Mauermuseum erinnert an den Schrecken der Teilung

Der Pflasterstreifen entlang der Straße symbolisiert auch in Berlin-Mitte den früheren Verlauf der Mauer. Unbesiedelte Grünflächen sind Reste des ehemaligen Todesstreifens. Auf Westberliner Seite grenzten die Gebäude direkt an die Mauer. Am Checkpoint Charlie standen sich Ost und West gegenüber. Der Grenzübergang verband den sowjetischen mit dem amerikanischen Sektor. Hier spielten sich menschliche Dramen ab. An die Schrecken der Teilung erinnert das benachbarte Mauermuseum.

Liebenswürdiger Charme und neue Blüte

Wir nähern uns der Friedrichstraße. Das Straßenbild gewinnt wieder an Leben. Edle Boutiquen und extravagante Einkaufspassagen. Menschen, die zwischen den Geschäften flanieren und den nahen Gendarmenmarkt besuchen. „Während sich der alte Kiez den  liebenswürdigen Charme bewahrt hat“, findet unser Begleiter, „ist Berlins Mitte neu erblüht.“

Info Berlin

Die Hauptstadt Deutschlands, wie Hamburg und Bremen zugleich Stadtstaat, ist mit rund 3,5 Millionen Einwohnern die größte deutsche Stadt. Ihre erste urkundliche Erwähnung datiert aus der Mitte des 13. Jahrhunderts. Wie das Land war Berlin bis zur Wiedervereinigung geteilt. Neben der Spree ist die Havel einer der größeren Flüsse in der überaus seen- und waldreichen Region. 2015 hat Berlin mehr als zwölf Millionen Gäste und etwa 30 Millionen Übernachtungen gezählt. Zu den am meisten besuchten Sehenswürdigkeiten gehören etwa Alexanderplatz, Berliner Mauer, Brandenburger Tor, Checkpoint Charlie, Holocaust-Mahnmal, Kanzleramt, Kurfürstendamm, Pergamonmuseum, Potsdamer Platz, Reichstag und Schloss Bellevue. Wir waren bei unserer Havelland-Reise im Resort Schwielowsee (Vier-Sterne-Superior-Anlage, 156 Suiten-, Zimmer-, Apartment- und Pfahlhaus-Einheiten, www.resort-schwielowsee.de) untergebracht. Information: Touristeninformation Berlin, Penkuner Weg 14, 12621 Berlin-Hellersdorf, Telefon 030-56583377, www. berlin.de.

Service Auto

Ins Havelland und nach Berlin reist man mit dem Auto am besten über die Autobahnen A2 aus Richtung Hannover, A9 aus Richtung Nürnberg, A24 aus Richtung Hamburg, über den Berliner Ring der A10 und die A115 über die Avus an. Neben Tegel gibt es noch den Flughafen Berlin-Brandenburg in Schönefeld, der jetzt aber erst 2017 öffnen soll. Mit dem Boot oder Schiff gelangt man auf dem Wasserweg von Elbe, Oder und Spree in die Potsdamer und Brandenburger Havelseen oder in die Flusslandschaft der unteren Havelniederung.

Havelland-Serie

Lesen Sie im Rahmen unserer „Deutschland ist schön“-Serie über das Havelland ebenfalls im Reiseteil dieses Life-Magazins in den anderen Teilen noch über die Gegend rund um die Blütenstadt Werder, über das Resort Schwielowsee als Übernachtungsmöglichkeit, über die Küche der Region und den Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, in dessen Garten einst ein Birnbaum stand, und über einen Besuch in Potsdam. Mit diesem Berlin-Beitrag schließen wir unsere Artikelfolge ab.

KoCom/Fotos: Günther Koch

18. August 2016