Berühmt und berüchtigt
Ein neonglitzernder Streifzug über den legendären Strip der Spielerstadt Las Vegas in Nevada
Hotel Bellagio mit Wasserfontänen-Ballett davor. Fotos: Koch
Las Vegas – Glitzer-, Glamour-, Zockerstadt: Las Vegas ist nicht nur ein Spielerparadies. Auch die Dichte an Luxushotels und Casinos dürfte woanders kaum größer sein als in der funkelnden Metropole im südlichen Zipfel Nevadas, wo es auf der einen Seite nicht mehr ganz so weit bis nach Arizona und auf der anderen bis nach Kalifornien ist. Viele Hotels mit teils Tausenden von Betten finden sich auf relativ überschaubarer Fläche an einer einzigen Straße, dem legendären Las-Vegas-Strip.
Erst ins Feuertal Valley of Fire und …
Zum Glück nicht in unserer Richtung! Auf der Interstate 15 in nördlicher Richtung hat es einen Auffahrunfall gegeben. Kilometer um Kilometer staut sich der Nachmittagsverkehr aus Las Vegas heraus bis nach Downtown zurück. Da helfen auch vier-, fünf- oder sechsspurige Fahrbahnen nichts! Schon am Morgen sind wir zum Las-Vegas-Motor-Speedway, der ein paar Meilen nordöstlich gelegenen Rennstrecke, gefahren, um von dort erst einen Abstecher durch das Feuertal Valley of Fire und danach eben einen über den Las-Vegas-Boulevard zu machen.
... dann durch künstliche Neonglitzer-Welt
Das Getöse der Kampfjets, die von der nahen Nellis Air Base, einem der größten Luftwaffenstützpunkte der US Air Force, fast im Minutentakt mitunter senkrecht in den an diesem Tag immer mehr mit dunklen Wolken verhangenen Himmel über Nevada donnern, hallt noch nach, ehe es sich in der Straßenschlucht des Strips verliert. In Las Vegas, heißt es, sollen allein 15 der 20 weltweit größten Hotels mit mindestens (!) knapp 3000 Zimmern stehen. Doch die neonglitzernde Welt hier in einer wüstenähnlichen Landschaft ist eine künstliche. Am Strip reiht sich auf einer Länge von rund sechseinhalb Kilometern bis zum über 350 Meter hohen Stratosphere Tower eine Hotel-Legende nach der anderen auf. Es sind dies (Zimmerzahl in Klammern) unter anderem:
Vom Mandalay Bay zum Bellagio
Das Mandalay Bay (4766). Der gläserne Luxor-Pyramidenbau (4400) mit der weißen Sphinx davor. Das Märchenschloss Excalibur (3991). Das New York New York (2024) mit seinen verschiedenen Wolkenkratzern. Das Monte Carlo (3002). Das Mandarin Oriental (392 plus 225 Eigentumswohnungen). Das Aria (4004). Das Cosmopolitan (2995). Das Bellagio (3933), vor dem in einem künstlichen See computergesteuert Wasserfontänen bis über 75 Meter in die Höhe schießen und mehrmals täglich nach verschiedenen Musikstücken von Henry Mancinis „Pink Panther“ bis zu Lionel Richies „All Night Long“ tanzen.
Vom Caesar’s Palace zum Circus Circus
Dazu gehören darüber hinaus der einem antiken römischen Palast nachempfundene Caesar’s Palace (3348), auf dessen Parkplatz (!) Anfang der 1980er-Jahre gleich zweimal Formel-1-Rennen stattgefunden haben. Das Mirage (3044), bekannt unter anderem durch die weißen Tiger des deutschen Dompteur-Duos Siegfried & Roy. Das von gefährlich-romantischen Seefahrer-Abenteuern in der Karibik inspirierte Treasure Island (2885). Und schließlich das Circus Circus (3774) mit dem rot-weiß gestreiften Zirkuszelt-Rundbau davor.
Vom Tropicana zum „The Riv“ Riviera
Auch auf der anderen Seite geht es nicht minder legendär zu: Da ist das Tropicana (1800). Das riesige MGM Grand (5044 Zimmer) mit dem monumentalen Markenlöwen des Hollywood-Studios Metro-Goldwyn-Mayer davor. Das Planet Hollywood (2600). Das Paris Las Vegas (2916) mit Eiffelturm- und Triumphbogen-Nachbau. Das Bally’s (3626). Das Flamingo (3626). Das Imperial Palace (2640). Das Hardrock-Harrah’s (2600). Das zusammen mit dem Schwesterhotel Palazzo als „größter Hotelkomplex der Welt“ geführt Venetian (7128) mit Rialtobrücke, Markusplatz, Campanile und sogar knietiefen Kanälen samt Gondeln und singenden Gondolieri. Das wie ein Parabolspiegel nach innen geschwungene Wynn (2716) mit Golfplatz daneben, mit Ferraris und anderen Luxuskarossen im hauseigenen Fuhrpark. Das vom Design her ähnliche Schwesterhaus Encore (2049), dem zuletzt allein rund 100 Spieltische und fast 860 Slot-Maschinen zugeordnet worden sind. Das „The Riv“ Riviera (2100). Oder, etwas abseits vom Strip, das Hilton (3261) mit 19 000 Quadratmeter großem Kongresszentrum.
Spielhöllen so groß wie Sportfelder
Fast alle haben eines gemeinsam: Es sind nicht nur Hotels, es sind auch Casinos, in denen rund um die Uhr gespielt wird. Roulette, Blackjack, Keno, Poker, an Glücksrädern und Slot-Maschinen, den „einarmigen Banditen“. Was Außenstehende überraschen mag: In den Spielhöllen, bisweilen durchaus so groß wie gleich mehrere Sportfelder zusammen, bestimmen nicht selten ältere Amerikanerinnen das Bild.
Glücksspiel schon 1931 legalisiert
Wie alles begann? In entsprechenden Beschreibungen liest man: Paiute-Indianer teilen sich Ende/Anfang des 19./20. Jahrhunderts die ausgedörrte Mojave-Wüste mit durchziehenden Mormonen. Mit der Eisenbahnlinie zwischen Salt Lake City und Los Angeles entsteht 1905 aus einer Wegstation mit einigen natürlichen Quellen Las Vegas, spanisch: die Wiesen. Als erster US-Bundesstaat legalisiert Nevada 1931 das Glücksspiel. Der Boom beginnt. Arbeiter kommen von der nahen Riesenbaustelle am Hoover-Damm, verprassen ihr hart verdientes Geld. Energie- und Wasserkosten sind günstig, die Grundstückspreise niedrig.
Unterweltgrößen stellen sich ein
Es lässt sich legal viel Geld verdienen, aber zunehmend werden auch schmutzige Dollars zu sauberen gewaschen. In den 1940er-Jahren stellen sich Unterweltgrößen wie Benjamin „Bugsy“ Siegel ein, sprechen im Gambling Business, dem Spiel um Millionen, ein immer gewichtigeres Wort mit. Es wird gebaut, immer mehr, immer größer. Frank Sinatra tritt mit dem Rat Pack, mit Dean Martin und Sammy Davis junior, auf. Elvis singt. Vor einem Hotel wird regelmäßig ein Feuer speiendes Vulkan-Inferno inszeniert. Protz ohne Ende. Wolkenkratzer sprießen in die Höhe. Eigentlich ist jeder einzelne Bau am Strip eine Attraktion für sich.
Von den Beatles bis zu Celine Dion
Beim Blick auf den aktuellen Eventkalender bleibt die Qual der Wahl: Wie wär’s mit „Love“ von den Beatles im Mirage? Mit Michael Jacksons „One“ oder mit Santana im Mandalay Bay? Mit dem träumerischen „Le Rêve“ im Wynn? Mit der Magie David Copperfields im MGM Grand? Mit der Australian-Bee-Gees-Show im Excalibur? Mit den Chippendales im Rio? Mit Britney Spears im Planet Hollywood? Mit Cirque du Soleil im Bellagio? Mit Elton John, Rod Steward oder mit Celine Dion im Ceasar’s Palace? Nächstes Mal. Diesmal reicht die Zeit leider nur für die Elvis-Imitatoren auf dem Bürgersteig.
Info Las Vegas I
Die mit über einer halben Million Einwohner, zusammen mit der Region rund zwei Millionen, größte Stadt Nevadas zählt fast 40 Millionen Touristen im Jahr. Mit dem Flieger reist man von Deutschland aus am besten über San Francisco, Los Angeles oder Phoenix an und steigt dort um; die reine Flugzeit beträgt dann bis zu 13 Stunden. Zur Einreise als Tourist reicht der Pass. Das Klima ist warm mit Temperaturen von bis zu 20 Grad zu Jahresbeginn und bis zu 40 zur Jahresmitte. Ausflüge, nicht selten mit Helikopter, sind zum Hoover-Damm, der den Colorado zum Lake Mead aufstaut, zum Death Valley mit der Geisterstadt Rhyolite, zum Red Rock Canyon und zum Grand Canyon möglich.
Info Las Vegas II
Wir waren diesmal im Hochhaushotel Mandarin Oriental (fünf Sterne, 392 Zimmer/Suiten, businessmäßig eingerichtet, direkt am Las-Vegas-Strip, www.mandarinoriental.com/lasvegas) untergebracht. Die Küche Nevadas ist typisch amerikanisch, reicht von Hot Dogs über Hamburger, Spareribs und Chicken Wings bis hin zu Steaks, die freilich wohl kaum einer besser zubereiten kann als die Amerikaner; dazu passt Bier, aber es gibt auch sehr gute Weine, die in der Regel aus dem Nachbarstaat Kalifornien kommen. Information: Visit USA Commitee Germany, Thalkirchner Straße 14, 80337 München, www.vus.travel.de.
Service Auto
Vor dem Bummel zu Fuß über einen Teil des doch rund sechseinhalb Kilometer langen Strips entlang empfiehlt sich zur besseren Orientierung zunächst vielleicht eine kurze Fahrt im Auto über diesen besonderen Teil des Las-Vegas-Boulevards. Wer die Stadt im eigenen (Miet-)Wagen etwa zu Ausflügen verlassen will: In Nevada darf auf Überland-Interstates nicht schneller als 75 Meilen pro Stunde gefahren werden, höchstens 70 auf kreuzungsfreien Schnell- und sonstigen Straßen, auf stadtnahen Interstates maximal 65.
Life-Magazin/Günther Koch/KoCom/Fotos: Koch
11. April 2015