Porsche 911
Diesmal im Test als Turbo-S-Coupé mit 650 PS
Von Günther Koch/Life-Magazin
Der neue Porsche 911 Turbo S, hier als Coupé, ist seit 2020 auf dem Markt. Fotos: Koch
Wenn es einen klassischen Sportwagen gibt, dann ist es der Porsche 911! Der für viele, selbst für andere Hersteller solcher Fahrzeuge, oft sogar als Maßstab überhaupt gilt. Wir haben den 911 jetzt als Coupé in der stärksten Version, als Turbo S, zur Probe gefahren, dem, wenn überhaupt und abgesehen von den Ferraris und Lamborghinis dieser Welt, wohl nur Audi-RS-, BMW-M- oder Mercedes-AMG-Spitzenmodelle Paroli bieten können.
Außen & Innen
Der 911 ist zweifellos der bekannteste Porsche, gilt deshalb auch als Inbegriff der Marke. Unter dieser Bezeichnung haben ihn die Zuffenhausener erstmals 1963 als Nachfolger des legendären 356 vorgestellt. Über all die Jahrzehnte hinweg geblieben ist, dass es sich, egal ob Coupé oder Cabrio, dabei um einen typischen 2+2-Sitzer, eben mit zwei Notsitzen hinten, handelt. Mittlerweile, seit 2020, ist die siebte Turbo-Generation am Start, 4,53 Meter lang, Radstand 2,45 Meter, Kofferraum vorn 128, Stauvolumen hinten bei umgeklappten Rücksitzen 264 Liter. Der Nachfolger hat im Vergleich zum Vorgänger nochmal deutlicher zugelegt. Mit der Karosserie ist auch die Spur breiter geworden. Der Innenraum lehnt sich an den des normalen Carrera an, wirkt etwa vom Bicolorleder über Karbondekor bis zu den gesteppten Sitzen wie im ersten Turbo nur edler. Bedienungsmäßig findet man sich im sportlich-funktionellen Cockpit rasch zurecht.
Blick auf die Frontpartie mit dem Markenlogo vorn auf der Kofferraumhaube.
Motor & Umwelt
Bei dem gleich doppelt aufgeladenen, gegenüber dem Vorgängeraggregat nochmals um 70 PS und 50 Newtonmeter leistungsgesteigerte Sechszylinder mit neuer Ladeluftkühlung, spezieller Einspritzung und größeren Turboladern handelt es sich um einen 3,8-Liter mit 650 PS und wirklich bärenstarken 800 Newtonmetern Drehmoment ab 2500 bis 4000 Umdrehungen pro Minute. Der hoch bis 7200 Touren drehende Biturbobenziner, freigegeben nach der noch strengeren Abgasnorm Euro-6d, schafft jetzt sogar schon in 2,7 Sekunden aus dem Stand Tempo 100 und wie vorher 330 Stundenkilometer Spitze. Eine sehr gut abgestufte, über entsprechende Paddel am Lenkrad auch handschaltbare Achtgang-Doppelkupplungsautomatik überträgt in dem Allradantriebler die Kraft auf die Räder. Die in Verbindung mit der Stopp/Start-Spritspartechnik zumindest im Datenblatt so angegebenen, nach dem realistischeren WLTP-Messverfahren ermittelten 12,1 Liter Mixverbrauch haben wir leider nicht erreicht. Bei uns hat der Bordcomputer am Ende nach normalen Orts-, spritzigeren Landstraßen- und zwar kürzeren, aber doch ziemlich flotten Autobahnfahrprofilen 13,8 Liter angezeigt.
Das Gepäckabteil vorn fasst nur 128 Liter. Im Cockpit geht es sportlich-modern und übersichtlich zu.
Dynamik & Sicherheit
Das leer je nach Norm 1640/1715 Kilo schwere Turbo-S-Coupé mit automatisch ausfahrbarem Bugspoiler, Bugverkleidung mit seitlichen Lufteinlässen und Lufthutzen, aktive Kühlluftklappen und Spaltfügel stürmt beim Tritt aufs Gaspedal mit Vehemenz voran. Das Serien-Adaptivfahrwerk übertreibt es nicht mit Härte, lässt sich über Drive Mode jedoch extrem nachschärfen. Es gibt zudem einen speziellen Nassfahrmodus. Der Allrad ist kombiniert mit vollvariabler Momentenverteilung und Torque Vectoring Plus, um durch gezielte Bremseingriffe am kurveninneren Hinterrad Lenkverhalten- und Lenkpräzision bei dynamischerer Fahrweise so zu verbessern, dass man schneller und fahrstabiler selbst durch Kurven eilen kann. Die variabel übersetzte, mit Lenkimpuls versehene elektromechanische Servolenkung spricht direkt an. Die vorn und hinten innenbelüfteten Scheibenbremsen aus Keramik packen standfest zu. Im Testwagen haben unter anderem Warn-/Bremsassistenz mit integrierter Frontkamera, Umfeldbeobachtung, Abstandsregelung, Spurhalte-, Spurwechselhilfe und Verkehrszeichenerkennung schon zum Standard-Insassenschutz beigetragen.
Heck-/Seitenansicht des 2+2-Sitzers mit der Modellkennung hinten.
Serie & Extras
LED-Matrix-Scheinwerfer, Zweizonen-Klimaanlage, Infotainment, Digitalradio, Navigation, Smartphone-Einbindung, Sport-Chrono-Paket, adaptive Sportsitze, Tempomat, Parkassistenz, Rückfahrkamera und 20/21-Zoll-Leichtmetallräder mit vorn/hinten 255/315er-Reifen gehören schon zum Grundumfang. Sonderausstattungen wie die verschiedene Sicherheitsassistenzen, dazu elektrisches Schiebe-/Hubdach aus Glas, Liftsystem zur Anhebung am Bugspoiler, exklusives Räderdesign, Highend-Soundsystem und Sportabgasanlage haben den Grundpreis des Testwagens nochmal um mehr als 21 000 auf fast 239 400 Euro in die Höhe getrieben.
Bei den 911 verbergen sich die Motoren im Heck. So dynamisch sieht das Coupé von der Seite aus.
Preis & Leistung
In diesem Fall 218 181 Euro nur für den Einstieg haben es natürlich in sich. Auch wenn Kunden wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie sich für einen Porsche interessieren, zumal mit dem aktuellen Turbo S dann sogar noch für den bislang stärksten 911. Er sieht zeitlos formschön aus. Leistung ist im Überfluss vorhanden. Bei der höchsten Geschwindigkeit geht wohl kaum noch viel mehr. Zudem ist das Niveau in Sachen Sicherheit hoch. Das Handling bleibt herausragend – und das bei einem alltagstauglich-beachtlichen Fahrkomfort. Beim Maßstab dürfte es so wie beim Maßanzug sein. Ab 103 671 Euro sind in der Baureihe 911 noch verschiedene Carreras und Targas zu haben. Das Turbo-S-Cabrio findet sich ab 225 935 Euro in der Liste, im Rahmen der 911-Modellfamilie lediglich noch übertroffen vom 262 486 Euro teuren Speedster.
Datenblatt
Motor: Sechszylinder-Biturbobenziner. Hubraum: 3,8 Liter. Leistung: 478/650 kW/PS. Maximales Drehmoment: 800/2500-4000 Newtonmeter/Umdrehungen pro Minute. Beschleunigung: 2,7 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Höchstgeschwindigkeit: 330 Stundenkilometer. Umwelt: Testverbrauch 13,8 Liter, 273 Gramm Kohlendioxidausstoß pro Kilometer bei angegebenen 12,1 Liter Mixverbrauch. Grundpreis: 218 181 Euro.
KoCom/Fotos: Günther Koch
24. Juni 2020