Das Autojahr 2017
Der Rückblick / In Deutschland diesmal rund 3,4 Millionen Pkw neu zugelassen / Trend Digitalisierung
Von Günther Koch/Life-Magazin
Das Interesse an Autos war 2017 auch in Deutschland, hier IAA im September in Frankfurt/Main, wieder groß. Foto: Koch
Berlin – Der VW-Dieselskandal ist mehr als zwei Jahre nach seinem Bekanntwerden noch immer nicht endgültig aufgearbeitet. Deutsche Hersteller stehen wegen unerlaubter Absprachen in der Kritik. Die Verkäufe von Dieselfahrzeugen gehen zurück. Die Zukunft des Selbstzünders bleibt ungewiss. Mit der Elektromobilität geht es weiterhin nur langsam voran. Und doch: Die Bilanz für das Autojahr 2017 fällt bei uns ordentlich aus, sagt zumindest Präsident Matthias Wissmann vom Verband der Automobilindustrie.
Mehr produziert
Deutsche Hersteller haben demnach weltweit mehr Autos produziert als je zuvor. Der Weltmarktanteil beträgt knapp ein Fünftel. In Europa zählt jede zweite Neuzulassung zu einer deutschen Konzernmarke. „Und am Weltpremiummarkt“, so Wissmann bei seinem Rückblick in Berlin, „haben wir einen Marktanteil von mehr als 70 Prozent.“
Mehr Neuzulassungen
Der globale Markt für Pkw hat 2017 demnach um zwei Prozent auf 84,6 Millionen Neuwagen zugelegt. China ist mit ebenfalls zwei Prozent Plus und 24,1 Millionen Einheiten vor den USA der größte Einzelmarkt geblieben. Für Deutschland sind die Experten kurz vor Jahresende von einer Zunahme um mindestens drei Prozent auf gut 3,4 bis möglicherweise sogar knapp 3,5 Millionen Neuwagen ausgegangen. Wissmann: „Einerseits treibt die Umstiegsprämie den Markt, andererseits gibt es eine spürbare Verunsicherung wegen der Fahrverbotsdebatte.“ Nach dem starken Verkaufsjahr 2017 werde der deutsche Markt 2018 leicht um zwei Prozent zurückgehen, sagt der Präsident voraus. Jedoch bewege man sich auch dann „deutlich über dem langjährigen Mittelwert“.
Offensive Strategie
Wissmann verweist auf eine offensive Strategie der deutschen Hersteller auch bei der Elektromobilität. So soll sich deren Angebot in diesem Bereich in den kommenden zwei bis drei Jahren auf mehr als 100 Elektromodelle verdreifachen. In den nächsten fünf bis acht Jahren kämen mehr als 150 neue Modelle mit Elektroantrieb auf die Straße. Noch vor Ende dieses Jahrzehnts werde der Elektroantrieb in allen Segmenten vertreten sein, „von der Kompaktklasse bis zum SUV“, kündigte Wissmann an: „Wir erleben dann Reichweiten von über 500 Kilometern mit einer Batterieladung.“ Von Januar bis November hätten sich die Elektro-Neuzulassungen in Deutschland in 2017 auf rund 48 300 Einheiten mehr als verdoppelt. Rein batterieelektrische Modelle seien dabei ebenso gefragt wie Plug-in-Hybride. Auch bei der Ladeinfrastruktur gehe es voran.
„Fahrverbote vermeiden“
Derzeit gibt es in Deutschland demnach 10 700 öffentlich zugängliche Ladepunkte, darunter 530 zum Schnellladen. 2018 sollen sich die Normalladepunkte auf gut 30 000 verdreifachen, die Schnellladepunkte sogar verfünffachen. Zwar rief Wissmann dazu auf, die Luftqualität in Städten weiter zu verbessern, sie sei heute teilweise sogar schon „besser denn je“, doch müssten Fahrverbote vermieden werden. Mit kostenlosen Software-Updates von über fünf Millionen Diesel-Pkw, Umstiegsprämien und der Erneuerung des Bestands ließen sich die Stickoxidschadstoffe im Straßenverkehr „bis Anfang 2019 um etwa 12 bis 14 Prozent senken“, sprach sich Wissmann für eine rasche Flottenerneuerung durch schadstoffarme oder schadstofffreie Fahrzeuge, den Ausbau von Sharing-Angeboten der Industrie und Verbesserungen der Verkehrssteuerung aus.
Weltmeister bei Patenten
Stichwort Digitalisierung, neben der Elektromobilität der zweite große Innovationstrend in der Branche. Bereits heute, so der Verbandschef, sei die deutsche Automobilindustrie Patentweltmeister beim vernetzten und automatisierten Fahren. An den seit 2010 weltweit erteilten Patenten auf diesem Gebiet halte sie einen Anteil von 52 Prozent. „Wir sprechen von der digitalen Transformation einer ganzen Branche durch das vernetzte und automatisierte Fahren“ – mit mehr Effizienz, Komfort und vor allem mehr Sicherheit.
Wichtige Neuheiten
Zu den wichtigsten Produktneuheiten auf deutschen Straßen haben 2017 unter anderem Alfa Romeo Stelvio, Audi A8, BMW 5er/X3, Ford Fiesta, Hyundai Kona, Jaguar XF Sportbrake, Land Rover Range Rover Velar, Kia Stonic/Stinger, Mercedes S-/X-Klasse, Opel Insignia/Crossland X/Grandland X, Porsche Cayenne, Renault Koleos, Seat Arona, Skoda Kodiaq/Karoq, Volvo XC60 und VW Golf/Arteon/T-Roc gehört.
Lesen Sie auch
Das Autojahr 2018: Die Vorschau / Von Alfa Romeo bis Volvo: Was diesmal alles neu auf deutsche Straßen kommt Mehr
KoCom/Foto: Günther Koch
28. Dezember 2017