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"Über die gesamte Dauer"

Projektleiter Pierre Robert zur neuen Michelin-Initiative, Reifen auch im gefahrenen Zustand zu testen

Von Günther Koch/Life-Magazin

Pierre Robert, hier bei der Vorstellung in Österreich, leitet das Michelin-Projekt Long Lasting Performance. Foto: Koch

Teesdorf – Reifen, sagt Pierre Robert, werden heute im Schnitt bei drei Millimetern Restprofiltiefe gewechselt. „Der gesetzliche Grenzwert liegt für Sommerreifen aber überall bei 1,6 Millimetern“, fragt der verantwortliche Projektleiter bei der Vorstellung einer neuen Hersteller-übergreifenden Michelin-Initiative mit dem Namen Long Lasting Performance jetzt im Fahrtechnikzentrum Teesdorf bei Wien eher rhetorisch gleich hinterher: „Warum machen die Leute das so?“

Vielleicht, weil Sie denken, dass die Reifen nicht sicher sind mit niedriger Profiltiefe?

Pierre Robert: Der Endverbraucher hat gar keine Information über die Leistung der Reifen. Manche Hersteller und Verkäufer empfehlen sogar, die Reifen früher zu wechseln.

Also lautet die Hauptfrage doch, wie sicher ihre Reifen dann wirklich sind, oder?

Pierre Robert: Und dafür sind ganz zuverlässige Informationen über die Sicherheit der Reifen notwendig – und zwar über die gesamte Lebensdauer der Reifen!

Aber heutzutage werden nur neue Reifen auf Rollwiderstand, Nässe, Bodenhaftung und Geräusch getestet, alles Eigenschaften, die nach der europäischen Zulassungsregelung überprüft werden.

Pierre Robert: Schon nach den ersten Kilometern sind die Reifen allerdings nicht mehr neu. Leistungen von Reifen ändern sich, je länger man fährt. Und mit gefahrenen Reifen werden manche Leistungen sogar noch besser.

Zum Beispiel?

Pierre Robert: Auf trockenem Belag wird der Bremsweg kürzer und der Spritverbrauch sinkt dank des niedrigeren Rollwiderstands. Die Reifen werden leiser, nutzen sich zudem um bis zu zehn Prozent langsamer ab.

Gleichzeitig müsste doch der Bremsweg auf nassem Belag länger werden.

Pierre Robert: Gerade deshalb: Wie kann man wissen, ob man auf sicheren Reifen unterwegs ist oder nicht, wenn die Reifen nur im neuen Zustand getestet werden?

Was schlagen Sie vor?

Pierre Robert: Reifen auch im gefahrenen Zustand zu testen, also standardisierte Tests, wie den Europäischen Normtest R 117 auch für gefahrene Reifen durchzuführen!

Warum können Leistungen von gefahrenen Reifen auf nasser Straße eigentlich nicht vom Neureifen oder der Restprofiltiefe abgeleitet werden?

Pierre Robert: Weil es erstaunlicherweise große Unterschiede zwischen Leistungen bei gefahrenen Reifen etwa auf nassen Straßen gibt. Manche gefahrene Reifen bremsen da sogar kürzer als neue.

Haftung auf nasser Straße funktioniert auf Basis zweier physikalischer Phänomene, nämlich Grip und Aquaplaning. Stellt denn eine Wassertiefe auf der Straße von zum Beispiel einem Millimeter, was bereits einer ungewöhnlich großen Menge von Regenwasser entspricht, die richtige Rahmenbedingung für Aquaplaning dar?

Pierre Robert: Das ist doch schon sehr extrem und kommt nur eher selten vor.

Und wie sieht es mit dem Standardbremstest für die europäische Zulassung aus?

Pierre Robert: Der wird von der ganzen Reifenindustrie anerkannt, könnte durchaus also auch schon bei gefahrenen Reifen angewendet werden. Dieser Test ist übrigens ein besonders gutes Messinstrument bei Aquaplaning für die Leistungen von Reifen.

Kann jeder Reifenhersteller Reifen mit guten Leistungen im gefahrenen Zustand entwickeln?

Pierre Robert: Die Entwicklungsregeln sind bekannt, können sofort angewendet werden. Wir reden hier nicht von High-End-Technologien oder Hexerei. Insofern ist es eher eine Entscheidung, die der Hersteller trifft, ob er  Reifen produzieren und verkaufen möchte, die im gefahrenen Zustand immer noch gute Leistungen erreichen.

Ihre Initiative für Leistung und Sicherheit ein Reifenleben lang wäre also gut für die Sicherheit, aber auch für den Umweltschutz und für den Geldbeutel der Kunden?

Pierre Robert: Nehmen Sie den Umweltschutz nur für Europa: Reifen schon bei drei statt bei 1,6 Millimetern zu wechseln, das kostet pro Jahr etwa 130 Millionen Reifen, führt zu einem zusätzliche Kohlendioxidausstoß von 6,6 Millionen Tonnen  und verursacht Mehrausgaben in Höhe von mehr als 6 Milliarden Euro. Deswegen setzen wir uns dafür ein, Reifen auch im gefahrenen Zustand zu testen!

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KoCom/Fotos: Günther Koch

10. September 2018