Donnerstag, 2. Mai 2024

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Blinklicht

"999"

Tempolimit-Anzeige in einem Kleinwagen bei unserem "Auto im Alltag"-Test. (gk)

"Soll ich Sie mal zusammen mit dem Auto fotografieren?"

Netter Passant, der gesehen hat, dass wir Aufnahmen von einem sportlichen Testwagen gemacht haben. (gk)

"Geh' Ford"

Abgewandelter "Geh' fort"-Fernsehspruch von Heinz Becker/Gerd Dudenhöffer. (gk)

"Einfach wohltuend"

Über neue Trends im Reisemobilbereich auch im Zeichen von Urbanisierung und Digitalisierung

Von Günther Koch/Life-Magazin

Digitalisierung und Tablet halten zunehmend Einzug in die Reisemobile der Zukunft. Foto: VW

Stuttgart/Düsseldorf – Die Suche nach dem einfachen Leben und nach Entschleunigung lässt Caravaning immer attraktiver werden. Warum das so ist? „Wer mit dem Campervan oder Wohnwagen unterwegs ist, hat stets sein Bett und seine Lieblingsdinge dabei“, sagt Trendforscher Swen Dluzak aus Stuttgart im Nachgang zum Caravan-Salon zuletzt wieder in Düsseldorf. „Es gibt keinen Grund, zwingend am Abend ein Ziel zu erreichen, weil man dort ein Hotelzimmer gebucht hat.“

Ist der Weg das Ziel?

Swen Dluzak: Ist er, denn es gibt nichts Schöneres, als dort unterwegs zu verweilen, wo es einem besonders gefällt. Man kann seine Umwelt intensiver wahrnehmen und sich auf neue Eindrücke einlassen. Für viele wirkt das entschleunigend, führt oft zu einer ganz anderen Sicht auf das eigene Leben. Die Beschränktheit des Wohnraumes trägt dazu bei, dass man sich intensiv damit auseinander setzt, was man wirklich zum Leben braucht. In einer immer komplexer werdenden Lebens- und Arbeitswelt wird diese Einfachheit zunehmend als wohltuend empfunden.

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Das Interesse beim Caravan-Salon 2017 war wieder groß. Blick auf die VW-Studie California XXL.

Wie passen diese Einfachheit und beispielsweise die Digitalisierung zusammen, die doch immer mehr unser Leben bestimmt?

Swen Dluzak: In der Tat: Unser Leben wird immer digitaler. Um zu kommunizieren, muss man eigentlich nicht mal mehr morgens aus dem Bett aufstehen. Die ganze Welt ist nur einen Maus-Klick entfernt. Körperliche Betätigungen werden an Maschinen und Lieferdienste delegiert. Digitalisierung eröffnet vordergründig neue Möglichkeiten. Sie schränkt uns aber in unserem körperlichen Erleben und Tun immer stärker ein.

Also raus in die Natur?

Swen Dluzak: Immer mehr wollen in einem urbanen Umfeld leben. Die Vielfältigkeit der Möglichkeiten in den Ballungszentren, das kulturelle und soziale Umfeld wirken anziehend. Nicht zuletzt ziehen die Menschen zunehmend auch aus beruflichen Gründen in die Städte.

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Über Tablet sind Licht, Funktion und Entertainment aufrufbar. Das Vorzelt gehört nach wie vor dazu.

Womit wir uns aber auch immer mehr von unserem natürlichen Ursprung entfernen.

Swen Dluzak: Als lebende Wesen sind wir Teil der Natur, brauchen sie wie das Licht zum Leben. In den Städten führt Verdichtung zur Verdrängung der Natur. Am Wochenende und im Urlaub versuchen deshalb viele, diesen Mangel an Naturerlebnis zu kompensieren. Und der wachsende Wohlstand ermöglicht es, dieses latente Grundbedürfnis immer mehr auszuleben.

Internet und soziale Netzwerke machen es kleineren Vermietern von Reisemobilen einfacher, sich Kundenkreise zu erschließen. Wozu führt das?

Swen Dluzak: Zu einer zunehmenden Vielfalt bei den Fahrzeugen, die vermietet werden, und bei den Nutzergruppen. Das Sharing, also das Teilen von Fahrzeugen, wird einfacher. Plattformen bieten ein mehr oder weniger geschütztes Umfeld für diese „Geschäftsbeziehungen“ zwischen Fremden. Für viele wird es überhaupt durch Sharing erst möglich, einen Campervan oder Wohnwagen zu mieten, sei es aus finanziellen Gründen oder weil sie bisher überhaupt nicht auf die Idee gekommen wären, ein Wohnmobil zu mieten.

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Diese Vario-Mobile haben schon eine enorme Größe. Blick ins Cockpit eines Standard-Reisemobils.

Heißt das, wenn ich keine hohen Anschaffungskosten für ein Produkt habe, sinkt automatisch die Einstiegsschwelle ins Thema Caravaning?

Swen Dluzak: Kann man so sagen. Und ich muss mir keine Gedanken machen, ob sich die Investition lohnt. Ich habe nicht den Zwang, nach der Anschaffung das Produkt ständig zu nutzen, damit es sich „rechnet“. Ich muss mich weniger festlegen, lebe multioptionaler. Ein Trend unserer Zeit.

Neue Generationen wachsen weltoffener auf. Die Welt wächst immer mehr zusammen. Junge Leute haben heute in breiter Masse großes Interesse an Fernreisen mit dem eigenen Fahrzeug, wollen die Welt entdecken. Was bedeutet das für die Reisemobilbranche?

Swen Dluzak: Erst einmal ist das ein gutes Zeichen. Es zeigt, dass auch junge Menschen für das Thema affin sind. Um sie früher oder später für sich zu gewinnen, muss man diese Trends genau verfolgen. Die Veränderungen im Lebensstil und den Nutzungskontexten müssen sich in Neuentwicklungen bei den Produkten widerspiegeln. Die Hersteller, die sich kontinuierlich weiterentwickeln, haben die besten Chancen, nachhaltig erfolgreich zu sein.

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Die Sportwagen-Garage ist in diesem Nobelmobil gleich mit dabei. Innen geht es immer luxuriöser zu.,

Welche Neuentwicklungen könnten das sein?

Swen Dluzak: Connectivity ist eines der großen Schlagwörter unserer digitalen Neuzeit. Gerade junge Menschen leben in der ständigen Vernetzung. Bei Fahrzeugneuentwicklungen muss das noch stärker berücksichtigt werden. Mit der Vernetzung ergeben sich automatisch ganz neue Serviceangebote. Dies entspricht dann auch dem Trend weg vom Produkt hin zur stärkeren Serviceorientierung.

Wenn moderne Technologien für die Verbreitung von Informationen über den Selbstausbau von Fahrzeugen sorgen und einen weltweiten Einkauf von Ausrüstung und Komponenten ermöglichen, was bleibt denn dann noch für die Hersteller, die professionellen Auf-, Aus- und Umbauer?

Swen Dluzak: Für den, der diesen Trend wahrnimmt und sich intensiv damit auseinander setzt, kann es eine wertvolle Bereicherung sein. Man bekommt Hinweise und Ideen für die eigenen Produkte. Die wenigsten Selbstausbauer greifen zur Stichsäge, weil sie glauben, so Geld sparen zu können. Vielmehr finden sie bisher nicht die Produkte am Markt, die sie sich wünschen. Es geht um Vielfalt, die die Branche bereichert und die Zielgruppen erweitert.

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Das Aufstelldach bleibt beliebt. Vom Balsamico-Essig bis zur Küchentuch-Rolle hat alles seinen Platz.

Caravaning boomt. Wie hoch schätzen Sie die Wachstumschancen für die entsprechende Industrie hierzulande ein?

Swen Dluzak: Für die klassischen Produkte wird sich das Wachstum wohl verlangsamen, aber immer noch im hohen einstelligen Bereich liegen. Ich sehe daneben jedoch großes Potential im Bereich der Freizeitfahrzeuge. Neue Crossover-Konzepte, die stärker den Lebenshintergrund aktiver Menschen berücksichtigen, sind heute nur unzureichend am Markt vorhanden.

Woran denken Sie dabei?

Swen Dluzak: Ich denke dabei an Sportler, die ihre Ausrüstung sicher und trocken verstaut im Fahrzeug transportieren und auch noch im Fahrzeug schlafen wollen. Hundebesitzer sind auch eine Zielgruppe mit speziellen Anforderungen und nicht zuletzt Menschen, die im Fahrzeug leben und arbeiten wollen.

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Basis dieser Reisemobile ist der VW Amarok. Mit dem Bulli haben viele damals das Campen begonnen.

Und was reizt Sie so am Caravaning?

Swen Dluzak: Ich bin gern in der Natur. Sie intensiv erleben, unterwegs sein, neue Eindrücke gewinnen und mit meiner Familie diese Eindrücke zu teilen, das ist für mich das größte Glück. Ausklinken aus dem, zugegeben, spannenden Alltag in der Stadt bedeutet für mich Ausgleich, Entspannung und Rückbesinnung auf die Themen, die mir wirklich wichtig sind.

Zur Person

Swen Dluzak, Jahrgang 1968, in Magdeburg geboren, Inhaber des auf Caravaning spezialisierten Ingenieurs- und Design-Dienstleistungsunternehmens DESKON.D sowie der Rocket Camper GmbH in Remshalden, begeistert sich nicht nur fürs Regattasegeln, sondern auch fürs Campen. Von Kindesbeinen an ist der gelernte Karosseriebau-Ingenieur mit Booten, Zelten, Caravans und Reisemobilen unterwegs, hat bei Daimler-Benz, im Entwicklungsbüro der Hymer-Gruppe sowie bei KnausTabbert als Marken- und Produktverantwortlicher für die beiden Marken Knaus und Weinsberg gearbeitet.

KoCom/Fotos: Günther Koch/Messe Düsseldorf/ctillmann/VW

27. September 2017