Freitag, 19. April 2024

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Elektro in der Wüste

Audi sucht mit e-tron-SUV offenbar die Herausforderung / Start nun doch erst Anfang 2019

Von Günther Koch/Life-Magazin

Der e-tron ist das erste vollelektrische Serienmodell von Audi. Fotos: Koch

Abu Dhabi/Al Ain – Im Elektroauto auf den zweithöchsten Berg der Vereinigten Arabischen Emirate, den Jebel Hafeet, der sich an der Grenze zum Oman bei Al Ain in Abu Dhabi 1240 Meter über der umliegenden Landschaft und 1350 Meter über dem Meeresspiegel erhebt, im Elektroauto über Schotterpisten und Wüstensand: Es hat Gründe, warum sich Audi für die Fahrvorstellung seines neuen e-tron ausgerechnet diese Destination am Arabischen Golf ausgesucht hat. Sicher auch den: Wer als Stromer mit Blick ebenfalls aufs Laden der Batterie solche Herausforderungen meistert, der taugt erst recht für den Alltag daheim, will die Volkswagen-Premiumtochtermarke wohl vermitteln.

Erster Serienstromer

Das Auto: Bei dem modifiziert auf dem Q5 aufbauenden e-tron, sauber verarbeitet, wertig anmutend, 4,90 Meter lang, Radstand 2,92 Meter, Ladevolumen 660 bis 1725 Liter, 60 davon im Staufach unter der Frontklappe, wo sich auch das mobile Ladekabel befindet, handelt es sich um Audis erstes rein elektrisch angetriebenes Serienmodell. Es fährt äußerlich wie ein klassisches Audi-Premium-SUV vor, bietet ordentlich Platz für fünf Personen samt Gepäck. Die zwei 8,8 und 10,1 Zoll großen Monitore im virtuellen Cockpit ersetzen fast alle Schalter und Regler, geben akustische und haptische Rückmeldungen. Infotainment, Vernetzung, Navigation und spezielle e-tron-Einstellungen sind oben, Texteingabe, Komfortfunktionen und Klimatisierung unten steuer-, viele Funktionen auch über Sprachbedienung aktivierbar. Erstmals setzt Audi die Alexa-Sprachhilfe ein.

Blick auf die vier Markenringe vorn. Im Vorderwagen finden sich auch die Ladekabel.

Auf Oberklasse-Niveau

Die Ausstattung: Es gibt über der Basisausführung noch verschiedene Lines. S-Line ist sportlicher, Design Selection edler. Die Elektronikhilfen sind aus dem A6 und A8 bekannt. Auch der Komfort hat durchaus Oberklasse-Niveau, etwa von Individualkontursitzen auf Wunsch mit Massagefunktion über das Panorama-Glasdach, das mehr Licht durchs Innere fluten lässt, die Heckklappe, die sich elektrisch öffnet und schließt, und das Ambiente-Licht bis hin zum optionalen Paket für bessere Luftqualität, wahlweise mit Sommerduft „mit mediterraner Note, der an Meeresluft erinnert“, oder winterlicher „mit Piniennote, der frischer Bergluft nahekommt“. Wer will, kann auf klassische Außenspiegel verzichten, was die Aerodynamik verbessert und die Reichweite erhöht. Kameras projizieren noch etwas ungewohnt und nicht immer ganz blendfrei, das Geschehen neben und hinter dem Wagen virtuell auf Displays in den Türen. Der im Werk Brüssel Kohlendioxid-neutral produzierte e-tron läuft auf 19-Zoll-Leichtmetallrädern mit 225er-Reifen vom Band.

Im Cockpit geht es dank moderner Displays sehr übersichtlich zu. Heck-/Seitenansicht.

Mit doppelte Kraft

Der Antrieb: Zwei Elektromotoren, einer vorn, einer hinten, die zugleich elektrischen Allrad ermöglichen, stehen kurz sogar für bis zu 408 PS Systemleistung in der Spitze. Die Hochvoltbatterie im Unterboden zwischen den Achsen speichert 95 Kilowattstunden Energie, was für über 400 Kilometer reicht, den e-tron etwas langstreckentauglicher macht. Die für ein Elektroauto typische Durchzugskraft, hier im System bis 561, mit Boost 664 Newtonmeter, beeindruckt immer wieder. Die höchste Geschwindigkeit regelt der e-tron mit Blick auf den Akku elektronisch bei 200 ab. Jeweils zweistufig übersetzte Getriebe mit einem Gang übertragen die Kraft auf die Räder. Die Fahrstufenregelung ist in die lederbezogene Handauflage auf der Konsole des Mitteltunnels integriert. Den Verbrauch gibt Audi nach dem neuen Verfahren im Mix mit maximal 26,2, nach altem mit 24,6 Kilowattstunden an. Bei uns hat der Bordcomputer am Ende nach eher moderatem Unterwegssein ohne größere Lastwechsel knapp über 27 Kilowattstunden angezeigt, womit wir die 400 Kilometer am Stück wahrscheinlich nicht ganz geschafft hätten.

Modellschriftzug am Heck. Das Leuchtband zieht den e-tron optisch auch hinten in die Breite.

Sogar Offroad-Profil

Das Fahren I: Die zwei Motoren schieben den leer wegen der Batterie doch 2490 Kilo schweren Stromer beim Tritt aufs Pedal zwar vehementer, aber nicht ganz so leichtfüßig voran, was man insbesondere in Kurven merkt. Der Audi zieht Lasten bis 1,8 Tonnen. Beim Durchqueren einer ebenen Wüstenpassage hat er gezeigt, dass man sich mit ihm zumindest in leichteres Gelände wagen kann, da der sonst sportlich und aus Gründen der Effizienz grundsätzlich heckbetonter ausgelegte Allrad permanent und vollvariabel die Antriebsmomente bestmöglich zwischen beiden Achsen verteilt. Das serienmäßige Fahrdynamiksystem passt die Charakteristik des Wagens den verschiedenen Terrains an. Gleich sieben Profile bis hin zu Offroad sind einstellbar.

Das Ladevolumen insgesamt beträgt 660 bis 1725 Liter. So sieht der Stromer von der Seite aus.

Luftfederung ist Serie

Das Fahren II: Die Luftfederung, ebenfalls Standard, erlaubt geschmeidigeres Abrollen genauso wie agileres Handling, erhöht die Bodenfreiheit für abseits des Asphalts und senkt die Karosserie, wenn es auf die Autobahn geht. Die Progressivlenkung gibt direkte Rückmeldung. Die Scheibenbremsen der elektrohydraulischen Anlage mit raschem Druckaufbau packen standfest zu, helfen zudem beim Rückgewinnen von Energie, was ebenfalls in Schubphasen geschieht, wenn man vom Fahrpedal geht. Je nach Lademöglichkeit zu Hause oder unterwegs ist der Akku in rund einer halben bis gut achteinhalb Stunden wieder voll.

Noch vor der Konkurrenz

Alles in allem: Mit der bei der statischen Weltpremiere im September in San Francisco angekündigten Einführung noch in diesem Jahr wird es nichts mehr. Probleme mit der Software, heißt es, haben den Ingolstädtern demnach einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nächster Starttermin soll nun gleich Anfang des neuen Jahres sein, was immer noch deutlicher vor der Konkurrenz liegen dürfte, in diesem Fall des Mercedes EQC.

Datenblatt

Motor: Zwei Elektromotoren. Leistung: 125/175 kW/PS Elektromotor vorn, 140/190 kW/PS Elektromotor hinten, 265/360 kW/PS im System, in der Spitze 300/408 kW/PS. Elektrische Dauerleistung: 100/136 kW/PS. Maximales Drehmoment: 247 Newtonmeter vorn, 314 hinten, 561 im System, 664 mit Boost. Beschleunigung: 6,6 Sekunden von 0 auf Tempo 100, 5,7 mit Boost. Höchstgeschwindigkeit: 200 Stundenkilometer. Verbrauch: Laut Audi im neuen Zyklus 26,2-22,5 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, im alten 24,6-23,7. Batterie: Lithium-Ionen. Energiegehalt: 95 Kilowattstunden. Elektrische Reichweite: 471 Kilometer. Preis: 79 900 Euro.

KoCom/Fotos: Günther Koch

5. Dezember 2018