Freitag, 19. April 2024

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Blinklicht

"999"

Tempolimit-Anzeige in einem Kleinwagen bei unserem "Auto im Alltag"-Test. (gk)

"Soll ich Sie mal zusammen mit dem Auto fotografieren?"

Netter Passant, der gesehen hat, dass wir Aufnahmen von einem sportlichen Testwagen gemacht haben. (gk)

"Geh' Ford"

Abgewandelter "Geh' fort"-Fernsehspruch von Heinz Becker/Gerd Dudenhöffer. (gk)

"Flexibel und individuell"

Seat Digital-Chef Fabian Simmer im TravelLifeDrive-Interview über (Auto-)Mobilität in der Stadt der Zukunft

Von Günther Koch/Life-Magazin

Daumen hoch fürs Digitale, für das Fabian Simmer bei Seat zuständig ist. Foto: Seat

Barcelona – Er lebt seit über 30 Jahren in Barcelona und nimmt sich „natürlich regelmäßig Zeit für diese wunderschöne und vielseitige Stadt“, sagt der fürs Digitale bei der spanischen Volkswagen-Tochtermarke Seat zuständige Fabian Simmer. Und fügt im Gespräch aus Anlass des offenen Ideenwettbewerbs „Zeit für Deine Stadt“ hinzu, in erster Linie gehe es ihm dabei – „und das nicht allein aus beruflichen Gründen“ – um das immer stärkere Verkehrsaufkommen in den Metropolen.

Was steht im Fokus dabei?

Fabian Simmer: Wie wir Staus oder gar drohenden Verkehrsinfarkten sinnvoll begegnen können, und zwar ohne, dass die Menschen im Gegenzug auf ihre individuelle Freiheit und Mobilität verzichten müssen. Daher nehme ich mir sehr gerne „Zeit für meine Stadt“ – aber natürlich genauso für andere Städte.

Bei dem Ideenwettbewerb und der ersten Konferenz darüber zuletzt in Frankfurt/Main ist Ihre Marke als Partner aufgetreten. Was macht einen Wettbewerb, eine Konferenz mit diesem Thema für einen Automobilhersteller wie Seat inhaltlich so interessant?

Fabian Simmer: Die Lösung des eben angesprochenen Problems gehört zu den größten Aufgaben für uns. Und es gibt bereits viele gute Ansätze: Car-Sharing, Verkehrsinformationen in Echtzeit oder auch die Parkplatzsuche via Smartphone sind da nur erste Schritte, die wir bei Seat bereits gehen. Natürlich gehören auch alternativ angetriebene Fahrzeuge wie Erdgasmodelle oder Elektromobilität dazu, um die Mobilitäts- und Lebensqualität in Großstädten zu erhöhen.

Die Dynamik und das Tempo, mit der sich die Umwälzungen im Zeichen der Digitalisierung vollziehen, sind gewaltig.

Fabian Simmer: Wir lassen uns daher gern zusätzlich von außen inspirieren.

Ihr Part bei der Konferenz war mit dem Titel „One-on-One – urbane Mobilität von A nach B“ überschrieben. Wo fängt diese Mobilität an? Und wo hört Sie auf?

Fabian Simmer: Optimal exakt da, wo man starten möchte. Und sie endet genau am Ziel. Sie kennen das folgende Großstadt-Szenario doch sicher: Man kommt zu Hause aus der Tür und muss teilweise erst zu seinem weit entfernt geparkten Fahrzeug laufen, bevor es losgeht. Dann steht man lange im Stau oder wird von Baustellen überrascht. Und schließlich, wenn man vermeintlich am Ziel angekommen ist, findet man wieder keinen Parkplatz. Aber so soll es eben nicht sein! Das Auto sollte vor der Haustür bereit stehen und einen ohne Umwege oder zeitliche Verzögerungen genau am Zielort absetzen. So stelle ich mir flexible und individuelle urbane Mobilität vor.

Es gibt viele spannende Zukunftsszenarien, die Filmemacher zum Teil auch schon filmisch als Science Fiction umgesetzt haben: Roboter als neue Menschen beispielsweise, digitale Parallelwelten oder Häuser, die unter Wasser oder hoch im Himmel liegen. Wann lernen Autos, als erstes vielleicht sogar ein Seat, fliegen?

Fabian Simmer: Einen fliegenden Seat kann ich mir beim besten Willen noch nicht vorstellen, auch wenn es in Dubai ja schon Testflüge mit autonomen Drohnen gab, die als sogenannte Lufttaxis fungieren sollen. Wir bleiben da lieber auf dem Boden der Tatsachen oder besser gesagt: auf dem Asphalt. Aber natürlich werden unsere Autos immer intelligenter.

Was gehört für Sie zur Zukunft der Mobilität?

Fabian Simmer: In erster Linie vier Dinge: Konnektivität, autonomes Fahren, Sharing und Elektrifizierung. Auf Grund unserer jungen Kunden sind wir speziell bei den Themen Konnektivität und Sharing aktiv, ohne die anderen beiden Themen zu vernachlässigen. Bei der Konnektivität zähle ich Seat sogar zu den Vorreitern und für den Bereich Sharing haben wir gerade erst das Car-Sharing Unternehmen Respiro übernommen, das in Madrid  bereits über eine Flotte von 200 Fahrzeugen und 15 000 Nutzern verfügt.

Welche Rolle spielt das Digitale, für das Sie bei Seat zuständig sind?

Fabian Simmer: Ohne Digitalisierung würde quasi nichts von dem vorher Gesagten funktionieren. Sie bildet sozusagen den Überbau für das alles. Wir suchen mit dem Smartphone nach der nächsten e-Tankstelle, nach dem nächsten Car-Sharing-Fahrzeug, steuern in Zukunft vielleicht sogar das Auto vom Parkplatz zu uns vor die Haustür, geben das gewünschte Ziel ein … Die Grenzen zwischen Realität und Zukunftsträumereien verschwimmen da teilweise. Wichtig ist in diesem so vielseitigen Bereich, den richtigen Fokus zu setzen und die Innovationen voranzutreiben, die den Kunden einen tatsächlichen Mehrwert geben und damit ein Kaufargument für Seat.

Was glauben Sie als jemand, der sich auch mit solchen Zukunftsfragen befasst, in die wahrscheinlich immer das Digitale hineinspielt: Wie sieht die Stadt von morgen unter dem (Auto-)Mobilitätsaspekt tatsächlich aus?

Fabian Simmer: Der Fantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt. Ich denke, dass sie sich verändern wird und wieder „wohnbarer“ wird. Unser aller Ziel sollte sein, dass die Städte einerseits sauberer werden und andererseits der Verkehr wieder öfter zum Fließen kommt. Neben Car-Sharing-Angeboten wird das Ride-Sharing, also das tatsächliche gemeinsame Fahren in einem Auto, sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Autonomes Fahren wird in Zukunft bestimmt auch eine Rolle spielen und signifikante Auswirkungen auf Mobilität mit privaten Fahrzeugen aber auch öffentlichen Verkehrsmitteln haben. Genau deswegen setzen wir bei Seat auf Themen wie Car-Sharing und Ride-Sharing, um die Kompetenzen zu verstärken, die man benötigt, um einen solchen Mobilitätsservice anzubieten und uns gleichzeitig auf die Zukunft vorzubereiten.

Wie können denn Städte heute schon – wieder unter dem Gesichtspunkt (Auto-)Mobilität – intelligenter und ökologischer gestaltet werden, wenn sie gleichzeitig, wie es in einem der Vorworte zu der Veranstaltung heißt, den zahlreichen Herausforderungen von Bevölkerungswachstum, Wohnungsknappheit und den Strukturwandel bestimmter großstädtischer Viertel im Sinne einer Attraktivitätssteigerung begegnen müssen?  

Fabian Simmer: Klar ist, dass die Großstädte weiter wachsen und die Menschen immer enger zusammenleben. Neben ausreichend ausgewiesenen Parkmöglichkeiten für Anwohner sind meines Erachtens spezielle Parkmöglichkeiten für Car-Sharing-Fahrzeuge enorm wichtig. Zudem gibt es noch immer viel zu wenig Ladepunkte für elektrifizierte Fahrzeuge und natürlich wäre es vor allem im Sinn von Seat, wenn es auch ein noch größeres Angebot an Zapfsäulen für Erdgas geben würde.

Mal weg vom Auto: Was denken Sie, wie wir künftig zusammen leben, wohnen und arbeiten wollen? Wie sieht gelungene Integration aus? Was kann Kunst und Kultur für eine Stadt leisten? Die vielleicht sogar ganz autofrei ist? Könnte das eintreten?

Fabian Simmer: Eine komplett autofreie Stadt kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Aber natürlich ist es hier und da sinnvoll, nur Anliegern die Zufahrt zu gewähren und gewisse Bereiche Fußgängern und Radfahrern zu belassen. Kunst und Kultur sind natürlich enorm wichtige Elemente, die das Bild und die Menschen einer Stadt prägen – und die auch für die Integration immens wichtig sind. Wir alle versuchen immer ein stückweit die Zukunft voraussagen zu können, aber wie sie am Ende aussehen wird, weiß keiner hundertprozentig genau. Und genau das ist das Interessante, wenn man an der Entwicklung der Zukunft arbeitet.

Bewohner, Besucher, Pendler: Menschen sind so unterschiedlich, die in Städten verkehren. Genauso sind dann aber auch ihre Ansprüche, die sie an eine Stadt haben und sie zahlreich und komplex herausfordern. Dazu dürften eben auch das anschwellende Verkehrsaufkommen und die damit einhergehende höhere Umweltbelastung gehören. Wie wären diese beiden Probleme aus Ihrer Sicht langfristig und nachhaltig zu lösen?

Fabian Simmer: Alternative und umweltschonende Antriebe werden in Zukunft sicherlich das Bild der urbanen Mobilität prägen. Durch Car- und Ride-Sharing wird das Verkehrsaufkommen nicht weiter wachsen und optimaler Weise sogar sinken. Durch die Vernetzung der Fahrzeuge werden Staus vermieden und Parkplätze schneller gefunden – ich denke, das sind realistische Lösungsansätze, die uns alle optimistisch stimmen sollten.

Bei „Zeit für Deine Stadt“

... handelt es sich um einen offenen Ideenwettbewerb, der sich aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen rund um die Stadt der Zukunft widmet. Dabei geht es um Fragen wie: Wie wollen wir zusammen leben? Wie können wir Städte intelligenter und nachhaltiger gestalten? Und wie wollen wir in Zukunft wohnen und arbeiten? Initiiert worden ist der Wettbewerb von der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die erste Konferenz mit Vertretern aus verschiedenen Bereichen von Automobil über Architektur, Kultur und Kunst bis Politik fand gerade im Juni in Frankfurt/Main statt. Daran hat auch der Österreicher Fabian Simmer (Jahrgang 1983, seit 2008 bei Seat und dort für das Digitale zuständig) teilgenommen. Die spanische Volkswagen-Tochtermarke ist zugleich Partner der Veranstaltung in der Mainmetropole gewesen.

KoCom/Foto: Seat

21. Juni 2018